Kfz-Gewerbe leidet unter der Diesel-Krise Händlern drohen Verluste

Der Zentralverband Kfz-Gewerbe plädiert für Hardware-Nachrüstung für Euro-5-Diesel. Sonderaktionen der Hersetller sind offensichtlich keine Hilfe.

Frank Muck

Dieselmotoren sind unbeliebter denn je: Die Sonderaktionen der Hersteller haben laut Center Automotive Research die Flucht aus dem Diesel verstärkt. - © Voyagerix - stock.adobe.com

Wenn es nach Reiner Äckerle ginge, sollte VW an seinen Diesel-Fahrzeugen alles nachrüsten, was möglich ist – ob Software oder Hardware. Der Autohändler aus Korb bei Stuttgart verkauft zwar nicht die deutsche Marke, deren Manipulation beim Diesel als Erstes entdeckt wurde, wundert sich aber, warum sich die Konzernspitze nicht mit aller Kraft dieser Aufgabe widme.

43 Prozent der Markenhändler fordern laut Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK)die Hardware-Nachrüstung der Euro-5-Diesel-Fahrzeuge. Dass eine solche Nachrüstung funktioniere, hätten Tests des ADAC mit vier unterschiedlichen Systemen bewiesen.

Peugeot-­Händler ­Reiner Äckerle aus Korb ärgert sich über un­überlegte ­Reaktionen der Politik. - © KD Busch

Als Autoverkäufer ist er natürlich ebenso von den Einbrüchen beim Verkauf der Selbstzünder betroffen. Als Mitbewerber mit den Marken Peugeot und Fiat zahlt er mit an der Zeche, die nun die drohenden Fahrverbote als Folge des Diesel-Skandals und der Klage der Deutschen Umwelthilfe kosten könnte. Die Preise seien ganz einfach im Keller.

Horrende Nachlässe vor allem beim Euro-5-Diesel

Euro-5-Diesel etwa kaufe der Firmenchef nur noch an, wenn er einen direkten Abnehmer habe. Selbst beim Euro-6, die noch länger ganz gut gelaufen seien, gehe es nun abwärts. Die Kaufzurückhaltung führt zum Teil zu horrenden Preisnachlässen. Laut einer Umfrage des Zentralverbands Kfz-Gewerbe (ZDK) bei 1817 Markenhändlern sagen zwei Drittel der Befragten, dass sie bei Euro-5-Diesel-Pkw zurzeit eine Wertminderung bis zu 50 Prozent hinnehmen müssen. Laut ZDK sitzen die Händler auf mehreren hunderttausend kaum verkäuflichen Fahrzeugen und die Kostenbelastung nehme aufgrund langer Standzeiten und zahlreicher Leasing-Rückläufer zum Teil "dramatische Züge" an.

Die wirtschaftliche Situation der Autohändler wäre noch deutlich schlimmer, wenn sie nicht im dritten Jahr in Folge so gute Umsätze gemacht hätten, sagt Thomas Peckruhn. Der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Skoda-Vertragspartner sieht durch das Euro-5-Problem dennoch die Existenz einzelner Händler gefährdet. "Die Hersteller leisten bei diesen Fahrzeugen keine Unterstützung", klagt Peckruhn. Eine Wertberichtigung könnten viele Betriebe kaum auffangen.

Leasing-Rückläufe verstärken das Problem

Nach einer Beispielrechnung des ZDK müssten die Händler gerade bei Leasing-Rückläufen mit hohen Verlusten rechnen. Demnach wurden von Mai bis August 2015 knapp 74.000 Euro-5-Diesel im Wert von 1,1 Millarden Euro mit Leasingverträgen abgesetzt. Nehme man nun an, der Wertverlust betrage – defensiv gerechnet – nur 20 Prozent, müssten die Händler bei der Rücknahme, zu der sie verpflichtet sind, mit einem Verlust von rund 200 Millionen Euro rechnen.

Skoda-Händler und Vorsitzender des ­Verbandes Deutscher Skoda-Vertragspartner Thomas Peckruhn. - © ProMotor

Äckerle hat derzeit das Gefühl, dass viele Käufer einfach erst einmal abwarten, welche Konsequenzen die Politik aus dem Diesel-Urteil ziehe. Deren Reaktion hält Äckerle für völlig unüberlegt und hektisch. Die zuständigen Ministerien seien ja nicht einmal in der Lage, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Das Bundesumweltministerium fordere zum Beispiel die blaue Plakette, während das Bundesverkehrsministerium Fahrverbote unbedingt verhindern wolle. Diese Diskussionen verunsicherten die Kunden natürlich zusätzlich.

Verbot ist kontraproduktiv

Fahrverbote hält der Händler für überzogen. Der öffentliche Nahverkehr sei schon jetzt überlastet und die Autofahrer auf ihre individuelle Freiheit bei der Nutzung von Verkehrsmitteln angewiesen. Vor dem Hintergrund wieder zunehmender CO2-Werte und der Prognose des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, die besagt, dass es ab 2020 nur noch 20 Prozent Diesel gibt, die von einem Fahrverbot oder einer blauen Plakette betroffen wären, sei ein Verbot letztlich kontraproduktiv. Die Zahl der Euro-5-Diesel zum Beispiel ist laut Kraftfahrtbundesamt in Stuttgart von 2017 auf 2018 um rund 9.000 Fahrzeuge gesunken.

Euro-5-Diesel zu verschrotten hält Thomas Peckruhn dennoch nicht für sinnvoll. Viel besser sei eine Hardware-Nachrüstung für eine schließlich technisch zeitgemäße Ausstattung dieser Fahrzeuge. Nur wer zahlt das? "Moralisch wären die Hersteller eigentlich dazu verpflichtet", sagt Peckruhn.

Aktionen befeuern Flucht aus dem Diesel

Das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen bestätigt die Haltung der beiden Autohändler. Sonderaktionen wie Diesel-Eintausch und Verschrottung führen laut einer Untersuchung des CAR nicht dazu, dass der Kunde dem Diesel die Treue hält. Die Anzahl der Sonderaktionen stieg von März 2017 bis März 2018 von 390 auf 580 an. VW als Hersteller mit den meisten Aktionen verliert laut CAR jedoch am stärksten Privatkunden. So waren im Februar 2018 nur noch 17,1 Prozent der auf Privatkunden zugelassenen Pkw-Neuwagen von VW mit einem Diesel-Motor ausgestattet. CAR-Chef Ferdinand Dudenhöffer zieht die Bilanz, dass die hohen Rabatte die Flucht aus dem Diesel eher befeuert hätten. Die Probleme mit vollen Händlerhöfen an verlustträchtigen Diesel hätten zugenommen.

Das Diesel-Barometer der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) bestätigt diesen Befund. 86 Prozent der Händler gaben im April 2018 an, sie hätten weniger gebrauchte und neue Diesel-Pkw verkauft.

Dudenhöffer sieht einzig die Hardware-Nachrüstung als vernünftigen Ausweg: "Wenn man sich nicht gegen Hardware-Umrüstungen seit Beginn der Diesel-Krise – also Ende 2014/Anfang 2015 – gewehrt hätte, könnten heute Autobauer, Dieselbesitzer, Autohändler, Kommunen und Großstadtbewohner deutlich besser dastehen."