Chefs dürfen ihren Beschäftigten auf deren Wunsch mehr oder weniger Urlaubstage als vertraglich festgehalten geben – mit Auswirkungen auf das Einkommen. Ein Fachanwalt erklärt, was Arbeitgeber dabei beachten müssen.

Flexible Arbeitszeiten sind ein beliebtes Argument, mit dem Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt wuchern. Von flexiblen Urlaubstagen hört man hingegen seltener. Je nach Lebenssituation benötigen Arbeitnehmer manchmal eher Geld statt Freizeit – oder umgekehrt. In diesem Fall ist es arbeitsrechtlich zulässig, die Zahl der Urlaubstage in Absprache mit dem Angestellten individuell und flexibel zu gestalten, erklärt Nils Wigger, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Arbeitsrechtskanzlei Wittig Ünalp.
Mit einer schriftlichen Zusatzvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer könne die Anzahl der jährlichen Urlaubstage individuell angepasst werden. Das Einkommen des oder der Angestellten erhöht beziehungsweise verringert sich dann anteilsmäßig:
Beispiel: Ein in Vollzeit angestellter Arbeitnehmer verdient im Monat 3.200 Euro brutto. Sein Urlaubsanspruch liegt bei 28 Arbeitstagen. Wegen einer längeren Urlaubsreise bittet der Angestellte um fünf zusätzliche Urlaubstage. "In diesem Fall würde sich der Bruttolohn anteilsmäßig um 738,46 Euro verringern", sagt Wigger.
Der Anwalt rechnet mit folgender Formel: Brutto-Gehalt eines Monats x 3 : 13 Wochen : 5 Arbeitstage. Eine gesetzlich vorgegebene Berechnungsmethode gebe es allerdings nicht. Es dürften jedoch dieselben Regeln herangezogen werden, wie für die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 Abs. 1 BurlG.
In der Regel erfolge die Kürzung und Aufstockung anteilsmäßig entsprechend dem Gehalt. Grundsätzlich seien aber auch individuelle Absprachen denkbar.
Besonderheiten bei Tarifverträgen
Für tarifgebundene Arbeitgeber können jedoch Besonderheiten gelten. "Abweichungen von einem Tarifvertrag sind nach § 4 Absatz 3 TVG lediglich zugunsten der Arbeitnehmer gestattet. Zudem sind in einigen Branchen Urlaubskassen eingerichtet worden", erläutert Wigger. "Ein Tausch von Urlaubstagen gegen mehr Geld dürfte gegen die meisten Tarifverträge verstoßen und zudem wenig sinnvoll sein, da eine Erstattung aus der Urlaubskasse wohl regelmäßig nicht erfolgen dürfte." Bei Urlaubskassen könnten Arbeitnehmer jedoch Entschädigung für verfallene Urlaubsansprüche geltend machen. Bei einem Verfall wäre so der Tausch von Urlaubstagen gegen mehr Geld indirekt möglich. "Ein Verzicht auf Gehalt unter Gewährung von übertariflichen Urlaubstagen dürfte regelmäßig möglich sein, es sei denn, der konkrete Tarifvertrag schließt dies aus", ergänzt der Fachanwalt.
Betriebsrat ist zu beteiligen
Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, hat dieser grundsätzlich nur ein Mitbestimmungsrecht, wenn betriebliche Belange betroffen sind. Bei Individualvereinbarungen mit einzelnen Arbeitnehmern ist der Betriebsrat nicht zu beteiligen. "Im Bereich des Urlaubs hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG unter anderem über die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze mitzubestimmen. Stellt der Arbeitgeber somit allgemeine Grundsätze zu dem Verkauf und Kauf von Urlaubstagen auf, ist der Betriebsrat vorher zu beteiligen", erklärt der Experte.
Flexible Urlaubstage: Das ist zu beachten
Die Verrechnung der verringerten oder aufgestockten Urlaubstage sollten Arbeitgeber idealerweise im Monat der Inanspruchnahme durchführen, rät Wigger. Zumindest aber sollte die Abrechnung innerhalb des Kalenderjahres erfolgen.
Außerdem dürfe die Verringerung der Urlaubstage nicht dazu führen, dass der gesetzliche Mindesturlaub unterschritten wird. Dieser liegt bei einem Vollzeitbeschäftigten mit Fünf-Tage-Woche bei 20 Tagen. Wigger empfiehlt im Arbeitsvertrag eine klar erkennbare Trennung zwischen dem gesetzlichen Urlaubsanspruch und dem vertraglich vereinbarten Zusatzurlaub.
Der Fachanwalt empfiehlt außerdem, die Anzahl der zusätzlichen und abgezogenen Urlaubstage zu begrenzen. "Zur Vorbeugung von Personalmangel kann es ebenfalls sinnvoll sein, wenn sich die Unternehmen ein Veto-Recht vorbehalten."