Gotha, Weimar, Coburg, die Wartburg in Eisenach: In der Nähe der Metallrestauration Blaurock aus Hinternah gibt es viele geschichtsträchtige Bauten. Vor einiger Zeit kam ein Auftrag aus Hildburghausen. Die Dimension der Turmkugel erforderte das Geschick von drei Generationen.

Sorgfältig legt Til Blaurock die letzten hauchdünnen Blättchen auf die riesige Turmkugel und streicht das Gold mit Finger und Pinsel von der Unterlage ab. Damit es gut hält, wird es zuvor mit Anlegeröl bestrichen. "Es braucht viel Gefühl", erklärt Tils Großmutter Elfi Blaurock. Sie hat selbst mitgeholfen, die 1.000 Blättchen Gold zu verarbeiten, wie auch ihr Mann – Senior und Firmengründer Metallbauermeister Rolf Blaurock – immer noch mit seinen Erfahrungen und gutem Rat dabei ist.
Turmkugel aus dem Jahr 1785
Die goldene Kugel erleuchtet die Werkstatt des Familienbetriebes. "Es war lange nicht klar, ob sie überhaupt vergoldet werden soll", sagt Metallbauermeister Tino Blaurock, seit 2019 Chef des Familienbetriebes, in dem seit Kurzem Sohn Til als Lehrling angestellt ist. Es sind mehrere Analysen und Farbuntersuchungen vorausgegangen, Absprachen mit Denkmalpflegern und Kirchgemeinde erfolgt. Erst dann war endlich klar, wie die Turmkugel der Christuskirche aus Hildburghausen wieder in vollem Glanz erstrahlen kann. Seit 1785 thront sie auf dem 50 Meter hohen Kirchturm.
Bevor das Gold die kupferne Kugel zum Glänzen bringen konnte, hatten die beiden Metallbauermeister viel zu tun. "Die Schäden vor allem am Schaft, der Kugel und Kreuz trägt, waren weitaus größer als gedacht", erklärt Tino Blaurock. "Das Kupfer der Turmkugel und das Zinkblech des Schaftes haben nicht miteinander harmoniert. Dadurch war der Schaft so kaputt, dass keine Lötnaht gehalten hätte." Altmeister Rolf Blaurock spricht von einer "chemischen Spannungsreihe". Ein völlig neuer Schaft musste angefertigt werden. Ein Werk mit vielen schönen Details, rundum mit kunstvoll geschmiedeten Blättern verziert. Hier konnten die Blaurock-Männer ihr Können unter Beweis stellen, das sie schon an unzähligen denkmalgeschützten Häusern und Schlössern praktiziert haben.
Doch diese Arbeit für die Christuskirche ist in ihrer Dimension auch für sie etwas Besonderes. Solch eine große Turmkugel haben sie noch nicht restauriert, immerhin hat die einen Durchmesser von 1,10 Metern und wiegt rund 100 Kilo. Auch der Schaft, der sie trägt, hat es in sich, ist 1,60 Meter hoch und wiegt an die 120 Kilogramm. Er ist mit einem Korsett aus Stahlringen stabilisiert. Denn über der Turmkugel steht noch das riesige Kreuz. "Auch das hatte etliche Dellen und Schönheitsfehler, die wir beseitigt haben", erklärt der Chef.
Kapsel mit Zeitdokumenten
Im November 2022 ist es dann endlich so weit: Turmkugel, Schaft und Kreuz sind restauriert. Der "Kaiserstab", eine stabile Stahlrohrstütze, hält sie zusammen. Im Innern der Kugel ruht – wie es Tradition ist – eine Kapsel mit Zeitdokumenten und Münzen. Gemeinsam schweben sie pünktlich zur Adventszeit am Kranhaken hinauf zur Kirchturmspitze, dem Himmel ganz nah. Die Montage übernehmen natürlich die Metallbauer aus Hinternah. In neuem Glanz grüßen seither Kugel, Schaft und Kreuz wieder weit über die Stadt hinaus ins Land.
Was Großvater Rolf aufgebaut und Vater Tino übernommen hat, wird Til Blaurock fortführen. Den Weg in die Zukunft hat der 17-Jährige im September offiziell beschritten und ist als Lehrling in den Familienbetrieb eingestiegen.
Die nächste Generation
Sein Ziel ist es, Metallbauer zu werden und etwas mit der Hände Arbeit zu schaffen. Man kennt die Familie Blaurock überall, wo in der Region geschichtsträchtige Bauten stehen, etwa in Gotha, Weimar, auf der Wartburg in Eisenach, in Coburg. Wenn er mit den Eltern durch die Lande fährt und hier einen Kirchturm sieht, dort ein kunstvolles Geländer, da einen schönen Brunnen, geprägt auch von der Arbeit seiner Familie, dann macht auch ihn das stolz.
Die Werkstatt hat Til schon von klein auf fasziniert. Neugierig und aufgeschlossen hat er hier die Arbeit von Opa Rolf und Vater Tino beobachtet und sich die ersten Handgriffe abgeschaut. "Er war gerade mal fünf, da hat er mir einen kleinen Anhänger geschenkt, den er selbst gemacht hat", erzählt Oma Elfi stolz. Heute arbeitet er mit demselben Enthusiasmus an seiner Ausbildung – und an seinem Führerschein, damit er bald nicht mehr um halb sechs aus dem Haus muss, um rechtzeitig in die Berufsschule nach Meiningen zu kommen.
Kleine Reibereien zwischen Vater und Sohn
Wie alle jungen Leute seines Alters ist Til in der Freizeit gerne mit Freunden zusammen, mischt als Kirmesbursche in der Kirmesgesellschaft Hinternah mit und spielt leidenschaftlich Fußball. Die praktische Arbeit der Ausbildung bei Papa Tino geht nicht ganz ohne kleine Reibereien ab, wie das so ist zwischen Vater und Sohn. Til schmunzelt als er sagt: "Das passt schon, wir brauchen uns doch."
Wenn er in dreieinhalb Jahren ausgelernt hat, ist er Metallbauer in der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Die Metallbauausbildung gibt es in zwei Zweigen, die andere als Gestalter. Auch das interessiert den jungen Mann. Vielleicht besucht er später dazu noch Seminare, um sich auch dieses Wissen anzueignen. Eines Tages wird er seinen Meister machen und das Unternehmen in dritter Generation in die Zukunft führen.