Urteil Einnahmen-Überschussrechnung: Elektronische Daten sind für Prüfer tabu

Ermittelt ein Betrieb seinen Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung, hat das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung in der Vergangenheit immer wieder auch elektronische Daten angefordert. Diesen Zugriff können Betriebe nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs nun guten Gewissens verweigern.

Ermittelt ein Betrieb den Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung, ist er nicht nach allgemeinen gesetzlichen Grundsätzen dazu verpflichtet, Aufzeichnungen zu führen und diese aufzubewahren - © Wolfilser – stock.adobe.com

Grundsätzlich gilt: Ermitteln Sie den Gewinn für Ihren Handwerksbetrieb nach der Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG, sind Sie nicht nach allgemeinen gesetzlichen Grundsätzen dazu verpflichtet, Aufzeichnungen zu führen und diese aufzubewahren. Das bedeutet im Klartext: Zeichnen Sie die Betriebsausgaben nicht digital auf, müssen Sie dem Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung auch keine digitalen Unterlagen erstellen bzw. zur Verfügung stellen.

Praxis-Tipp: Selbst wenn Sie freiwillig, über die gesetzlichen Pflichten hinaus, digitale Aufzeichnungen führen, hat das Finanzamt kein Recht dazu, von Ihnen die Herausgabe dieser digitalen Aufzeichnungen zu fordern (BFH, Urteil v. 12.2.2020, Az. X R 8/18).

Eine digitale Aufzeichnungspflicht kann sich für die Einnahmen-Überschussrechnung jedoch aufgrund besonderer, punktuell wirkender Steuergesetze ergeben (u.a. im Sinn des § 22 UStG, § 13b UStG, § 4 Abs. 3 Satz 5 EStG oder aus § 143 AO). In diesem Fall hat das Finanzamt ausnahmsweise ein Zugriffsrecht auf die Aufzeichnungen.

Darum ging es in dem Urteilsfall

In dem Urteilsfall beim Bundesfinanzhof führte ein Finanzamt bei einem Maler, der seinen Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte, eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen dieser Prüfung forderte der Prüfung einen Datenträger für die Buchführung an. Doch da der Maler nicht buchführungspflichtig war, konnte er nur Papierbelege vorlegen und keine elektronischen Daten.

Der Prüfer fand jedoch heraus, dass der Maler freiwillig digitale Aufzeichnungen führte und forderte ihn deshalb dazu auf, diese freiwilligen digitalen Aufzeichnungen vorzulegen und den digitalen Zugriff zu gewähren. Dagegen wehrte sich der Maler mit einer Klage vor dem Finanzamt und bekam Recht. Das unterlegene Finanzamt wollte das nicht akzeptieren und beantragte die Revision beim Bundesfinanzhof. Und die Richter des Bundesfinanzhofs gaben erneut dem Maler Recht.

Verhaltensknigge in der Praxis

Sind Sie nicht zur Bilanzierung verpflichtet, sondern ermitteln Ihren Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG, genügt es, wenn Sie aus den vorliegenden Papierrechnungen die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ableiten. Führen Sie für sich freiwillig digitale Aufzeichnungen, beispielsweise, weil Sie die Ausgangsrechnungen über ein Rechnungsprogramm schreiben und über diese Software auch den Zahlungseingang überwachen, müssen Sie diese Unterlagen dem Finanzamt nicht vorlegen.

Praxis-Tipp: Haben Sie steuerlich nichts zu verbergen, können Sie dem Finanzamt natürlich auch die freiwillig geführten, digitalen Unterlagen aushändigen. Sprechen Sie das mit Ihrem Steuerberater ab. Die Herausgabe, obwohl Sie nicht dazu verpflichtet wären, kann zu einer "entspannteren" Atmosphäre während der Betriebsprüfung führen.

Dieses steuerzahlerfreundliche Urteil des Bundesfinanzhofs ist übrigens nicht zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt vorgesehen. Lassen Sie sich dadurch jedoch nicht einschüchtern. Denn dieses Urteil entspricht der gängigen BFH-Rechtsprechung. Sollte der Prüfer also auf die Herausgabe freiwillig geführter digitaler Unterlagen bestehen, weisen Sie dezent auf das neue Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Februar 2020 hin. In jedem Fall sollten Sie dem Prüfer dann den Zugriff auf die vollständige Papierbuchhaltung geben.