Reparieren statt wegwerfen: Wie ein Freiburger Betrieb mit alten Fahrrädern Ressourcen schont.
Katja Wetz
Wer in die Freiburger Liebigstraße im Norden der Stadt fährt, den erwartet hunderte Meter lang klassisch industrielle Abfallwirtschaft. Meterhohe Schrottberge, ein Container nach dem anderen, eine gewaltige Maschinerie – das erschreckende Ergebnis der modernen Wegwerfgesellschaft. Der städtische Recyclinghof und ein Entsorgungsbetrieb in privater Trägerschaft prägen das Bild. Biegt man dann auf den Hof von Bud’s Bikes ein, scheint man in eine andere Welt zu kommen.
Eine Villa der Jahrhundertwende und ein Haus aus den 1950er-Jahren stehen sich hier gegenüber. Vor Letzterem steht ein buntes Sammelsurium nebeneinander aufgereihter Fahrräder – Fahrräder unterschiedlichster Farbe, Art und unterschiedlichsten Alters. Allen gemein ist die Tatsache, dass sie von Tobias und Ivonne Buderer und ihren Mitarbeitern liebevoll aufbereitet sind.
So entstehen CO2-neutrale Verkehrsmittel
Seit 15 Jahren arbeitet das Ehepaar Buderer bereits an seiner Idee einer nachhaltigen Fahrradaufbereitung. Das Besondere: Es werden kaum neue Teile verbaut. Die Buderers und ihre Mitarbeiter recyceln alte Fahrräder, bauen sie, wenn sich eine Reparatur nicht mehr lohnt, auseinander, sichten und sortieren die Teile und benutzen diese zur Instandsetzung.
So müssen sie nicht nur kaum neue Bauteile verwenden, es entsteht auch kaum Abfall. Die wenigen Teile, die nicht mehr verwendet werden können, werden fachgerecht getrennt und in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt. Mit diesen Fahrrädern entstehen also CO2-neutrale Verkehrsmittel.
Unerträglich – intakte Fahrräder landeten im Container
Die Anfänge der nachhaltigen Werkstatt waren bescheiden. Tobias Buderer arbeitete einige Jahre als Hausmeister und musste häufig miterleben, wie stehengebliebene Fahrräder in den Container wanderten. Es war für ihn unerträglich, wenn wieder mal ein noch mehr oder weniger intaktes Fahrrad in den Container flog. So entstand die Idee einer nachhaltigen Werkstatt.
Mit seiner Frau Ivonne wagte er den Schritt und mietete kleine Räume an – ohne Startkapital, mit einigen wenigen Fahrrädern als Ausgangsmaterial. Seither geht es stetig bergauf: Anfänglich konnten oft nur zwei bis drei Fahrräder aus dem recycelten Material für den Verkauf gewonnen werden, inzwischen haben sie durchschnittlich 120 zum Verkauf.
Rohstoffgewinnung steht im Vordergrund
Für Buderer ist der Fahrradverkauf eher ein Nebeneffekt: "Das entstehende Produkt ist zwar das Fahrrad, aber die Rohstoffgewinnung steht im Vordergrund. Sie ist uns eine Herzensangelegenheit." 2012 erhielt die Firma, in der inzwischen auch Sohn Maximiliano als Geselle tätig ist, den Nachhaltigkeitspreis der Stadt Freiburg und wurde als Fachentsorgungsbetrieb zertifiziert.
Ihr stetes Wachstum liegt auch darin begründet, dass die Fahrradquellen stets zunehmen: Anfänglich waren es nur eindeutig herrenlose Schrottfahrräder; schon bald darauf knüpften Buderers Kontakt zu den Recyclinghöfen der Region. Inzwischen gibt es auch eine Kooperation mit dem Garten- und Tiefbauamt der Stadt Freiburg, das die Schrottfahrräder am Hauptbahnhof und anderen neuralgischen Punkten abholt und zu Bud’s Bikes bringt, anstatt sie zu verschrotten.
Rohmaterial an jeder Straßenecke
Ivonne Buderer-Hidalgo schätzt, dass sie in den letzten Jahren rund 12.000 Fahrräder verarbeitet haben. Eine enorme Leistung angesichts der bisherigen Betriebsgröße von fünf Mitarbeitern – darunter zwei Zweiradmechanikergesellen und ein Lehrling. Umso schöner, dass ganz aktuell weitere vier Mitarbeiter eingestellt werden.
Für die Eltern dreier Söhne steht nach eigenem Bekunden die soziale Komponente im Vordergrund: Zum einen in Form von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, zum anderen in Form von moderaten Preisen für Einkommensschwache, die auf Mobilität angewiesen sind. Buderers sind überzeugt, dass es eigentlich in jeder Stadt ein Bud’s Bikes geben müsste, und werden weiter leidenschaftlich dafür kämpfen, dass kein Fahrrad einfach verschrottet oder weggeworfen wird. Das Stadtbild gibt ihnen Recht: Nicht nur in Freiburg steht Rohmaterial an jeder Straßenecke.