Britta Schwalm ist Teilnehmerin beim renommierten HRD Award. Eine stressige und aufregende Zeit liegt hinter der Goldschmiedin. Herausgekommen ist ein Kollier aus Gold - und 110 Brillanten.
Mirabell Schmidt
Als der Sicherheitskurier wieder weg war, der – ausgerüstet mit einer Waffe – die Kiste in seinem gepanzerten Wagen verstaut hatte, setzte sich Britta Schwalm erst einmal an ihren Küchentisch und atmete tief durch. Stressige und sehr aufregende Tage hatte die Goldschmiedin aus Langen hinter sich. Noch nie hatte sie so etwas Wertvolles in ihrem Haus gehabt, geschweige denn besessen.
Ein Goldkollier, so teuer, dass sie nicht einmal sagen möchte, wie hoch der Betrag genau ist. Doch Schwalm hatte das Kollier nicht etwa für einen reichen Kunden gefertigt. Die 44-Jährige ist Teilnehmerin beim renommierten HRD Arward.
Sponsor für Diamanten
Als eine von 37 Schmuckdesignern wurde sie ausgewählt, ihren eingesendeten Entwurf in die Tat umzusetzen. Dabei hatten sich mehr als 1.000 Teilnehmer beworben – und Schwalms Pläne hatten es ins sich. Für das Kollier brauchte sie 110 Brillanten mit jeweils 25 Karat. Gemäß dem Thema "À la carte" gestaltete sie das Kollier aus 62 Goldscheibchen in Form von Apfelstückchen. Zwischen zwei Scheibchen sollte jeweils ein Brillant eingespannt sein.
Dafür mussten allerdings erst einmal Sponsoren gefunden werden, wie das beim HRD Award üblich ist. "Ich hatte auch Entwürfe für Ohrringe und einen Ring abgegeben. Das wäre deutlich günstiger gewesen. Aber sie wollten das Kollier", erzählt Schwalm lachend.
"Ich dachte, man sieht mir an, dass ich irgendetwas Wertvolles in meiner Tasche habe."
Es dauerte zwar eine Weile, doch ein Sponsor fand sich – ein Belgier, für den der Diamantenhandel eher ein Hobby ist. Schwalm wollte ihn treffen. "Es lief bis dahin alles nur per E-Mail. Ich hatte die ganze Zeit Angst, dass alles nur ein Fake ist", sagt Schwalm immer noch aufgeregt. Also setzte sie sich ins Auto und fuhr mit ihrem Mann nach Antwerpen, um die Diamanten selbst abzuholen. Für die Goldschmiedin ein Ausflug in eine andere Welt.

Von einer Sicherheitsschleuse ging es zur anderen, am Ende kam sie mit einem Päckchen Diamanten im Wert von mehreren Kleinwägen wieder heraus. Sie, die normalerweise in der kleinen Goldschmiede im Keller ihres Hauses arbeitet, die voll ist, wenn sich mehr als zwei Leute darin aufhalten. "Ich dachte, man sieht mir an, dass ich irgendetwas Wertvolles in meiner Tasche habe", erinnert sich die Handwerkerin.
Suche nach Zulieferern
Zurück in Deutschland konnte die Arbeit beginnen. Ihre Feilung der vergangenen zehn Jahre hatte Schwalm glücklicherweise aufgehoben. Denn die Brillanten wurden ihr zwar bereitgestellt, für die restlichen Bestandteile der Kette musste sie aber selbst aufkommen. "Zu dem damaligen Goldkurs hätte ich das Gold nicht kaufen können", sagt die Goldschmiedin.
Alles an diesem Kollier gestaltete sich ansonsten schwierig: Die Suche nach einem Zulieferer – denn die Apfelschnitze mussten gelasert werden, die kleinen Löcher in den Goldscheibchen, in die Schwalm in Feinarbeit auch noch die Brillanten einpassen musste, und schließlich die Suche nach jemandem, der das Kollier sicher nach Antwerpen brachte. Denn solange es nicht beim Veranstalter war, solange trug Schwalm die Verantwortung für das wertvolle Stück.
Unterstützung von der Familie
"Ich habe noch nie so etwas erlebt", erzählt Schwalm, die inzwischen über den Stress lachen kann. Zwar hatte sie sich schon an einigen Wettbewerben beteiligt und auch Preise gewonnen, aber das war kein Vergleich. Zehn Tage lang saß Schwalm nur an dem Kollier. Oft arbeitete sie bis vier Uhr in der Nacht. Ihre Mutter und ihr Ehemann kümmerten sich daweil um das Familienleben. "Ohne ihre Unterstützung hätte ich das nicht geschafft", sagt die Goldschmiedin.
Zwischendurch brachte sie Einzelteile des Kolliers in ihr Bankschließfach – auch wenn der Inhalt den Wert des Schließfaches eigentlich schon überstiegen hatte. So etwas Wertvolles im eigenen Haus? Dabei war Schwalm nicht wohl. Hatte sie anfangs in der Nachbarschaft und im Freundeskreis noch von ihrer Nominierung erzählt, machte sie das schon lange nicht mehr. Zu groß war die Angst vor Einbrechern. Diese zehn Tage haben Schwalm mitgenommen – aber auch ungemein stolz gemacht.

Nach der Expo geht die Kette auf Weltreise
Der Kurier holte die wertvolle Fracht also endlich bei Schwalm ab und Schwalm hatte wieder Zeit durchzuatmen. Derzeit wird das Kollier auf der Expo in Mailand ausgestellt, dann geht die Kette erst einmal für ein Jahr auf Weltreise. Schwalm hofft, dass sich in der Zeit vielleicht auch ein Käufer findet. "Sonst muss ich leider die Diamanten wieder herausnehmen und zurückgeben", sagt sie. Denn selbst leisten könnte sich die Goldschmiedin das Kollier nicht.
Bis dahin ist allerdings noch Zeit. Ob Schwalm einen der vier Preise – drei werden von der Jury vergeben, einer per Publikumsabstimmung – gewinnt, entscheidet sich im Oktober. Bei der großen Preisverleihung wird Schwalm dabei sein. Und obwohl sie die Arbeit in ihrer kleinen Goldschmiede mag: Gefallen würde es Schwalm schon, wenn ihr mit dem Kollier der Durchbruch gelänge.
Und dann würde die Goldschmiedin vielleicht auch mal richtig feiern – denn nachdem sie von ihrem Küchentisch aufgestanden war, ging sie einfach nur ins Bett.