DHZ-Gespräch mit Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank "Der Euro wird nicht untergehen"

Die Deutschen fürchten sich laut einer Umfrage vor Inflation. Die Angst hält der Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, Folker Hellmann, im Gespräch mit der Deutschen Handwerks Zeitung für überzogen. Hellmann glaubt gar an eine Stabilisierung des Euro. Interview: Karin Birk

Der Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, Folker Hellmeier, geht von einer Stabilisierung des Euro aus. Foto: privat

"Der Euro wird nicht untergehen"

DHZ: Die Bundesregierung will eisern sparen. Hat die Krise des Euro diesen Sparkurs noch forciert?

Hellmeyer: Im Prinzip wäre dieser Sparkurs schon vor der ersten Bankenkrise geboten gewesen. Durch diese Finanz- und Wirtschaftskrise wurden die Haushaltsdefizite dann noch weiter massiv in die Höhe getrieben. Die Finanzmärkte haben diese Schwachstellen ins Visier genommen und dagegen spekuliert. Das Sparen in vielen europäischen Ländern – inklusive Deutschland – ist damit noch notwendiger geworden.

DHZ: Laufen wir damit nicht Gefahr, die aufkeimende Konjunktur abzuwürgen?

Hellmeyer: Nein, die globale Konjunktur wird von der Erholung der Schwellenländer in Asien und Lateinamerika und zunehmend vom Lager- und Investitonsgüterzyklus getragen. Die Schwellenländer haben mittlerweile einen 50-Prozent-Anteil an der Weltwirtschaft und wachsen mit mehr als sechs Prozent. Das wirkt sich auch auf die Industrienationen in Nordamerika und Europa aus. Sie werden losgelöst von auslaufenden Konjunkturprogrammen oder Sparmaßnahmen weiter wachsen.

DHZ: Dennoch fühlen sich viele Bürger durch die enormen Summen für die Rettungspakete verunsichert. Was muss geschehen, dass die Finanzmärkte die Politik nicht weiter vor sich hertreiben?

Hellmeyer: Wir müssen die Bankenmacht beschneiden. Die globalen Spieler am Finanzmarkt müssen zerschlagen werden. Nur so kehrt die notwendige Demut wieder ein. Die Banken müssen wieder ihre volkswirtschaftlichen Aufgaben wie die Kreditversorgung übernehmen. Sie müssen Größenordnungen haben, die auch ein Scheitern zulassen, ohne dass das ganze System gefährdet ist. Wenn wir die Beschneidung der Bankaristokratie nicht ernst nehmen, wird die nächste Krise noch massiver sein. Und sie wird schneller kommen, als wir es uns vorstellen mögen.

DHZ: Für wie wahrscheinlich halten Sie die internationale Durchsetzbarkeit dieser und anderer Maßnahmen?

Hellmeyer: Ich sehe eine Chance von 80 Prozent, dass in den kommenden Monaten nachhaltige Regulierungen der Finanzmärkte durchgesetzt werden. Angefangen von der Zerschlagung internationaler Finanzinstitute, über die Finanzmarkttransaktionssteuer bis hin zu weiteren ordnungspolitischen Regeln wie dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe oder einer Beschränkung der Hedgefonds bei der Aufnahme von Fremdkapital. Außerdem werden Banken mehr Eigenkapital hinterlegen müssen. Auch so wird die überbordende Spielfreude mancher Finanzmarktakteure ein Stück weit eingedämmt. Wenn die Bundesregierung jetzt mit dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe vorprescht, ist das zu begrüßen. Wir haben 20 Monate diskutiert, ohne dass es grundlegende Änderungen gegeben hätte.

DHZ: Die Bundesregierung hat sich auch für eine Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Hilft eine solche Steuer, künftige Krisen zu vermeiden?

Hellmeyer: Sie bedient eher die medialen und pekuniären Bedürfnisse der Bundesregierung, als dass sie nachhaltig Krisen vermeiden hilft. Dennoch halte ich sie für vertretbar. Es geht auch darum, dass der Finanzsektor für den bisherigen Schaden herangezogen wird.

DHZ: Viele Bürger befürchten nicht zuletzt durch die enormen Staatsschulden eine steigende Inflation. Teilen Sie diese Befürchtungen?

Hellmeyer: Die Inflationsdebatte halte ich für völlig überzogen. Wir werden im Laufe der nächsten zwölf Monate einen Preisanstieg von zwei bis drei Prozent bekommen. Die Europäische Zentralbank wird an ihrem Mandat der Preisstabilität festhalten und sich keinem Inflationsdruck hingeben. Auch der Euro wird nicht untergehen. Ganz im Gegenteil. Er wird sich in den kommenden zwölf Monaten zwischen 1,35 und 1,40 Dollar stabilisieren.