Eigentlich ist die Installation der neuen Corona-Warn-App freiwillig für alle Bürger. Doch gilt das auch im Angestelltenverhältnis, wenn der Chef eine Nutzung der App wünscht? Und müssen Mitarbeiter ihren Arbeitgeber darüber informieren, wenn die App Alarm schlägt? Antworten auf die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen zur neuen Tracing-App.

Die Nutzung der Corona-Warn-App soll freiwillig sein. Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV), der das Bundesjustizministerium berät, fordert zudem die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Warn-App. Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern aufgrund der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eine Nutzung verlangen können.
Dürfen der Chef seine Mitarbeiter verpflichten, die Corona-Warn-App zu nutzen?
Eine Verarbeitung personenbezogener Daten, insbesondere wie vorliegend von besonders geschützten Gesundheitsdaten (Art. 4 Nr. 15, Art. 9 DS-GVO), bedarf nach dem Datenschutzrecht stets einer Erlaubnis (Art. 6 DS-GVO). "Im Arbeitsrecht kann dies eine gesetzliche Regelung, eine Betriebsvereinbarung oder auch die Zustimmung des Arbeitnehmers sein", so Michael Fuhlrott, Arbeitsrechtler und Professor an der Hochschule Fresenius. Das Bundesdatenschutzgesetz, das in § 26 die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen im Arbeitsverhältnis konkretisiert, erlaubt dem Arbeitgeber die Verarbeitung personenbezogener Daten soweit dies für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.
"Eine Anordnung zur Nutzung für Arbeitnehmer kann hierauf aber nicht gestützt werden. Die Installation der App ist damit auch für Arbeitnehmer freiwillig", sagt Fuhlrott. "Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer ein Dienst-Handy nutzt". Auch über eine Betriebsvereinbarung könne nichts Anderes geregelt werden, da es sich hierbei um den persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers handelt, den Betriebsrat und Arbeitgeber nicht reglementieren können.
Muss der Arbeitnehmer seinen Chef bei Alarm der Warn-App informieren?
Nutzt der Arbeitnehmer allerdings die App und zeigt diese einen Alarm an, muss er seinen Arbeitgeber hierüber informieren. "Dies verlangt die arbeitnehmerseitige Rücksichtnahmepflicht", erklärt Fuhlrott. "Der Arbeitgeber muss über den Verdacht einer Infektion informiert werden, um dann seinerseits prüfen zu können, ob er den Arbeitnehmer zunächst nach Hause schickt oder gegebenenfalls für andere Mitarbeiter Schutzmaßnahmen trifft", so Fuhlrott. "Der Arbeitgeber wird vom Arbeitnehmer auch verlangen können, über das bestehende Infektionsrisiko weitere Auskünfte zu erhalten, um eine Risikoeinschätzung auch unter Einbindung des Betriebsarztes vornehmen zu können."
Bezahlt freistellen oder krankmelden?
Wird dem Arbeitnehmer ein Alarm angezeigt, ist im Übrigen aber symptomlos und beschwerdefrei, ist er auch nicht arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber muss daher auch keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Entschließt sich der Arbeitgeber aber, den Arbeitnehmer nach Hause zu schicken, so ist dieser natürlich in dieser Zeit durch den Arbeitgeber zu vergüten. "Arbeitsrechtler sprechen in einem solchen Fall von einer bezahlten Freistellung", sagt Fuhlrott.
Einen Anspruch auf bezahlte Freistellung hat der Arbeitnehmer allerdings nicht, auch nicht bei einem App-Alarm. "Kann der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Home-Office erbringen, so können sich die Parteien natürlich auch hierauf verständigen". Einen Erstattungsanspruch für das Gehalt bei bezahlter Freistellung hat der Arbeitgeber nur dann, wenn der Arbeitnehmer auch behördlich unter Quarantäne gestellt wird. "Das Infektionsschutzgesetz sieht hierzu in § 56 Abs. 1 entsprechende Regelungen vor", so der Jurist. dhz
Der Autor Michael Fuhlrott ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei FHM - Fuhlrott Hiéramente & von der Meden Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB - sowie Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg.
Sie nutzen ein kostenloses Angebot der Deutschen Handwerks Zeitung. Die hier bereitgestellten Informationen wurden mit größter Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. Sie ersetzen jedoch keine fachliche Beratung. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei auch um Informationen aus unserem Archiv handeln kann, die sich im Laufe der Zeit überholt haben. Die Aktualität eines Artikels wird auf unserer Internetseite stets über der Überschrift angezeigt.
Individuelle Fragen kann und wird die Redaktion nicht beantworten.