Massenweise landen leere Kaffeebecher auf dem Müll. Nur langsam beginnen Verbraucher vom Einweg- auf den Mehrwegbecher umzusteigen. Gefragt sind auch die Bäckereien, die Coffee to go verkaufen. Mitgebrachte Becher dürfen sie annehmen und befüllen. Das ist dabei zu beachten.
Jana Tashina Wörrle

Auf 2,8 Milliarden schätzt das Umweltbundesamt (UBA) die bundesweite Zahl an Coffee-to-go-Bechern , die jedes Jahr verkauft und danach weggeworfen werden. 60 Prozent davon sind kunststoffbeschichtete Papierbecher, die restlichen 40 Prozent reine Kunststoffbecher. Zusätzlich fallen etwa 1,3 Milliarden Einweg-Kunststoffdeckel an. So entsteht eine riesige Menge an Verpackungsmüll. Kein Wunder, dass die Einwegbecher des begehrten Unterwegs-Kaffees immer stärker in die Kritik geraten.
Das UBA fordert deshalb, dass die Wirtschaft stärker auf Mehrwegbecher setzen sollte. Statt auf Nachfrage sollten die Kaffeekäufer als Standard einen Mehrweg- und keinen Einwegbecher angeboten bekommen – und dieser sollte billiger sein als der Wegwerfbecher. Außerdem sollten Verkäufer darauf verzichten, Einwegdeckel mit den Mehrwegbechern auszugeben. Denn gerade die Deckel schlucken viel Energie bei der Herstellung und stellen eine besondere Umweltverschmutzung dar, wenn sie weggeworfen werden. Diese Vorschläge hat das UBA im Rahmen einer Studie erarbeitet. Werden sie konsequent umgesetzt, könnte der Verbrauch von Einweggetränkebechern nach Angaben der Behörde innerhalb von drei Jahren um 50 Prozent sinken.
Wer Einwegbecher verkauft, soll eine Abgabe bezahlen
Eine Voraussetzung wäre allerdings auch, dass diejenigen, die weiterhin Einwegbecher in Verkehr bringen, dafür künftig eine Abgabe in einen "Litteringfonds" einzahlen. Die Gelder sollen dann sowohl für die Reinigung des öffentlichen Raums als auch für Informationskampagnen verwendet werden. "Sofern keine anspruchsvolle Vereinbarung mit der Wirtschaft zustande kommt, sollten verbindliche Maßnahmen rechtlich vorgeschrieben werden", fordert das Umweltbundesamt.
Coffee to go und der Umgang mit den passenden Bechern ist auch für die Bäckerbranche ein großes Thema: Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks sieht die Eindämmung des dadurch entstehenden Verpackungsmülls allerdings als Aufgabe an, die gesamtgesellschaftlich angegangen werden müsste. "Wir als Bäckerhandwerk unterstützen Maßnahmen, die diesem Ziel dienen, wo wir können. Allerdings können Maßnahmen zum Umweltschutz nicht einseitig durch die Wirtschaft umgesetzt werden, es bedarf eines Umdenkens beim Kunden", sagt Daniel Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Verbands. Er nennt als warnendes Beispiel, dass auch das vor Jahren eingeführte Dosenpfand offenbar das Ziel verfehlt habe. So sei aktuell herausgekommen, dass der Absatz von Getränkedosen in den letzten Jahren wieder stark angestiegen ist.
Mehrwegbecher für den Kaffee: Flächendeckendes Pfandsystem schwierig
Dennoch erhofft sich der Bäckerverband, dass die aktuellen Diskussionen für ein steigendes Umweltbewusstsein der Verbraucher und damit auch für eine noch höhere Nachfrage an Mehrwegbechern sorgen. Nach Einschätzung von Daniel Schneider wird es aber bei regional unterschiedlichen Mehrwegsystemen bleiben, die sich dabei etablieren. Von den knapp 11.000 Bäckereien in Deutschland kommt heute kaum eine heutzutage ohne Coffee to go im Angebot aus. "Die Strukturen im Handwerk sind aber viel zu kleinteilig, um ein flächendeckendes einheitliches Pfand-Mehrwegsystem zu etablieren", so der Hauptgeschäftsführer des Bäckerverbands.
Ein Mehrwegbecher für die Innungsbäcker
Schon seit dem Jahr 2017 gibt es den Coffee-to-go-Mehrwegbecher der deutschen Innungsbäcker. Erarbeitet wurde das Konzept von der Werbegemeinschaft des Deutschen Bäckerhandwerks. "Die Suche nach dem richtigen Mehrwegbecher war eine kleine Herausforderung", berichtet Maren Andresen, Vorstandsvorsitzende der Werbegemeinschaft. So sollte ein Becher gefunden werden, der sowohl hitzebeständig ist, eine Auslauf- und Bruchsicherheit gewährleistet, BPA-frei ist und der zu einem attraktiven Preis angeboten werden kann.
Das ist gelungen und so wird der Becher auch schon rege genutzt. Jeder Innungsbäcker kann den Becher, der den Kaffee bis zu 1,5 Stunden warm halten kann, bestellen. Ab einer Bestellmenge von 252 Stück kann der Becher auf Wunsch mit dem eigenen Logo der Bäckerei individualisiert werden. Erhältlich ist er in den Füllmengen 300 und 400 Milliliter.
Weitere Infos zum Becher und dem dazugehörigen Marketingkonzept, das die Werbegemeinschaft anbietet, finden Sie unter baeckerhandwerk.de .
In den vergangenen Jahren haben sich viele verschiedene Initiativen zur Einführung von Mehrwegbechern gegründet. Auch einzelne Städte und Kommunen haben sich zum Ziel gesetzt, den Abfall zu reduzieren, der durch die Kaffeebecher entsteht. Beispielsweise:
- In Berlin gibt es den "Better World Cup", eine Initiative von Senat, Stadtreinigung und verschiedenen Wirtschafts- und Umweltverbänden. Der Mehrwegbecher wird von Cafés, Bäckereien und Geschäften, die Kaffee ausschenken angeboten. Dort, wo das Logo des Pfandbechers am Ladeneingang zu finden ist, kann man ihn kaufen, befüllen lassen und bekommt Rabatt.
- In Hessen gibt es die landesweite Initiative "Becherbonus", bei der die Kunden zehn Cent Rabatt erhalten, wenn sie einen eigenen Becher mitbringen und einen Einwegbecher verwenden.
- Freiburg hat gemeinsam mit mehreren Unternehmen ein Pfandsystem und den sogenannten "Freiburg-Cup" eingeführt. Für den Becher zahlen die Kaffeekäufer einen Euro Pfand.
- Außerdem gibt es auch schon bundesweite Pfandsysteme wie etwa den Recup.
Kaffeebecher selbst befüllen: So klappt es in der Bäckerei
Einfacher umzusetzen als ein Pfandsystem ist für Bäckereien jedoch die Möglichkeit, dass Kaffeekäufer einen eigenen Becher mitbringen. In vielen Bäckereien wird davon schon rege Gebrauch gemacht. Problematisch könnten dabei aus Sicht des Bäckerverbands allerdings hygienische Aspekte werden. Sowohl das Hessische Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz als auch die Deutsche Umwelthilfe haben Handlungsempfehlungen erarbeitet, die Daniel Schneider jedoch für "viel zu umfangreich" hält. "Vor allem die Benutzung von Handschuhen halten wir für wenig sinnvoll, da auch dieses Prozedere wieder Abfall produzieren wird", sagt er.
Einen Leitfaden, der kurz und knapp die wichtigsten Punkte für das Befüllen von kundeneigenen Mehrwegbechern zusammenfasst, hat deshalb auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) herausgegeben. Dieses Merkblatt gilt nach Angaben des BLL im Sinne des Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 als anerkannte wirtschaftsseitige Leitlinie der Guten Verfahrenspraxis und stellt eine bundesweit einheitliche Orientierung für die Anwender- und Überwachungspraxis dar.
Die Empfehlungen sehen unter anderem vor:
- dass nur geschultes Personal die Becher befüllen darf und regelmäßig in Sachen Hygiene weitergebildet wird.
- dass die Becher vor dem Benutzen auf Sauberkeit kontrolliert werden sollten.
- dass nur Becher aus geeigneten Materialien befüllt werden.
- dass die Flächen, auf denen die "fremden" Becher abgestellt werden, regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden müssen.
- dass die Hände vor dem Befüllen gereinigt oder dass Handschuhe getragen werden müssen.
- dass Arbeitsabläufe dokumentiert werden müssen.
Der Leitfaden des BLL kann hier heruntergeladen werden.>>>
Halten Bäckereien dies ein, steht auch einem hygienisch einwandfreien Abfüllen von Kaffee, Tee, Kakao und anderen Getränken in mitgebrachte Becher nichts im Weg. Weder das nationale noch das europäische Lebensmittelrecht verbieten das Befüllen von mitgebrachten Mehrwegbechern mit Heißgetränken.
Aus hygienischer Sicht gibt es aus Sicht von Daniel Schneider bei kundeneigenen, sauberen Behältnissen kein Problem – "vor allem, wenn man sich einmal die Praxis bei ähnlichen Systemen anschaut". Als Beispiel nennt er die Getränkestationen bei Ikea, an denen es ebenfalls Einwegbecher für Softdrinks und zur Selbstbefüllung durch den Kunden gibt. "Hier steht der Getränkeautomat nicht nur im Kundenbereich, sondern auch kann hier jedes Behältnis eigenmächtig (ob sauber oder nicht) befüllt werden, was offensichtlich die Lebensmittelüberwachung nicht stört", sagt er.