Leitartikel Bundeshaushalt und Finanzplanung: Zu wenige Antworten

Der Bundeshaushalt 2018 und die mittelfristige Finanzplanung lassen im Hinblick auf die sich abzeichnenden Herausforderungen einige Fragen offen.

Lothar Semper

Dr. Lothar Semper, stellvertretender Chefredakteur der Deutschen Handwerks Zeitung. - © Kasia Sander

Vom Bundeskabinett wurden Anfang Mai der zweite Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2018 und die Eckwerte für 2019 sowie für den Finanzplan bis 2022 beschlossen. Zweiter Regierungsentwurf deshalb, weil nun sich die neue Bundesregierung damit befasst. Die letzte Große Koalition hatte noch den ersten Entwurf vorgelegt. Zur Sommerpause wird dann wohl das Vorhaben vom Parlament abgesegnet sein. Damit geht dann auch die Zeit der vorläufigen Haushaltsführung zu Ende. Denn die Ansätze des ersten Regierungsentwurfs 2018 bilden die Grundlage und Obergrenze der Haushaltsführung, solange der Bundestag noch nicht entschieden hat. Für die meisten Verwaltungs- und Programmausgaben sind 45 Prozent von dieser Obergrenze verfügbar. Für Investitionen und Rechtsverpflichtungen gilt diese prozentuale Einschränkung nicht.

Neue Maßnahmen dürfen während der vorläufigen Haushaltsführung nicht begonnen werden – es sei denn, sie sind sachlich und zeitlich unabweisbar. Regierung und Ministerien sind damit zwar handlungsfähig, aber kaum gestaltungsfähig. Deshalb wird es Zeit für den Bundeshaushalt 2018. Dieser trägt naturgemäß noch die Handschrift des vormaligen Bundesfinanzministers Schäuble. Aufgrund sprudelnder Steuereinnahmen kann sich der Bund auch ein sattes Ausgabenplus leisten. 341 Milliarden Euro will der Bund im laufenden Jahr ausgeben. Zur Finanzierung sind erneut keine Schulden nötig.

Aber was macht der Bund mit dem Geld? 37 Milliarden, also knapp elf Prozent werden investiert. Übrigens wird diese Quote in den kommenden Jahren leider absinken. Denn nach den vorgelegten Eckwerten werden 2022 nur noch gut neun Prozent der Bundesausgaben in Investitionen fließen.

Angesichts des enormen Bedarfs, aber auch der Proklamationen nach Abschluss der Koalitionsvereinbarungen von CDU/CSU und SPD kann dies nicht befriedigen. Auf der anderen Seite droht der Bundeshaushalt immer mehr zur zweiten Rentenversicherung zu mutieren. Auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales entfallen über 40 Prozent des Bundeshaushalts – Tendenz weiter steigend. Bald 100 Milliarden steuert der Bund zur gesetzlichen Rente bei. Auch dabei weist der Trend nach den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag eindeutig nach oben. Hier entstehen gewaltige Hypotheken für die nächsten Jahrzehnte.

Scholz hat seine Chance vertan

In der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre bis 2022 hätte nun der neue Bundesfinanzminister Olaf Scholz seine Handschrift deutlich machen können. Doch davon ist noch wenig zu sehen. Wie schon gesagt, werden die Investitionen sträflich vernachlässigt. Die zusätzlichen Ausgaben von gut 44 Milliarden Euro bis 2021, die im Koalitionsvertrag stehen, werden natürlich fein und sauber berücksichtigt. Ob damit die richtigen Schwerpunkte gesetzt sind, kann nach den Protesten der Verteidigungsministerin und des Entwicklungshilfeministers gegen aus ihrer Sicht unzureichende Etatansätze zumindest kritisch hinterfragt werden.

Und da kommt auch noch die Hiobsbotschaft von EU-Kommissar Oettinger. Wegen des Ausfalls von Großbritannien als künftiger Beitragszahler und aufgrund neuer Aufgaben der EU könnten auf Deutschland für die Jahre 2021 bis 2027 zwölf Milliarden Euro zusätzlich entfallen. Da ist sicherlich das letzte Wort noch nicht gesprochen, aber ohne ein deutliches Plus bei den EU-Beiträgen wird es nicht abgehen. Ferner kann niemand davon ausgehen, dass sich die Steuerquellen aufgrund guter Konjunktur noch viele Jahre so positiv entwickeln wie derzeit. Das heißt Finanzpolitik ist nicht nur Verwaltungs-, sondern auch Gestaltungspolitik. Und bei alledem hat man den vergessen, der dies alles finanziert: den Steuerzahler. Er hätte deutlich mehr Entlastung verdient als jetzt mit dem schrittweisen Abbau des Soli angedacht ist.