Kaum Nachfrage in Kleinbetrieben Betriebliche Altersvorsorge: Welche Formen sich lohnen

Betriebsrente, Entgeltumwandlung oder Mischformen: Betriebliche Altersvorsorge spielt in kleinen Betrieben kaum eine Rolle. Dabei ist sie nicht so kompliziert wie vermutet – und sie bindet Fachkräfte.

Sabine Hildebrandt-Woeckel

Gut für die Bindung: Die betriebliche Altersvorsorge sollte als Argument für die Fachkräfteanwerbung nicht unterschätzt werden. Der Arbeitnehmer spart Steuern und der Arbeitgeber zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge. - © Foto: amh-online.de

"Das macht nur Arbeit – und bringt doch nichts." Wer immer sich damit beschäftigt, kleinen und mittelständischen Unternehmen das Thema betriebliche Altersvorsorge (bAV) nahezubringen, kennt diese Aussage. Und keineswegs sind es ­immer nur die Arbeitgeber, die blocken. Obwohl jeder Arbeitnehmer in Deutschland gemäß § 1a BetrAVG einen Rechtsanspruch auf betriebliche Altersvorsorge hat und diese staatlich gefördert wird, kümmern sich viele nicht darum. Auch ihnen erscheint das Konzept zu kompliziert.

Das Ergebnis: In gerade einmal 60 Prozent der deutschen Unternehmen gibt es die so genannte dritte Säule im System der Altersvorsorge. Und je kleiner ein Unternehmen, umso weniger verbreitet ist die bAV. Die Politik diskutiert daher gerade über die Einführung einer tariflichen bAV.

Faktenlage zu den Gründen der Ablehnung ist dünn

Auch Frank Wallau, Professor an der Fachhochschule für Wirtschaft in Paderborn, hat den Satz von der vielen Arbeit mehr als einmal gehört. Mit den Kienbaum Management Consultants aus Hamburg hat er 2013 vom Bundesarbeitsministerium den Auftrag erhalten, zusammenzutragen, welche Kenntnisse es zu den Hemmnissen gibt und wie man diese gegebenenfalls beseitigen kann.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Es lassen sich zwar zahlreiche Hemmnisse benennen, insgesamt zählt die Studie 40 auf, 13 auf Arbeitgeberseite, 22 auf Arbeitnehmerseite und fünf bei den Anbietern. Allerdings gibt keine der Studien Aufschluss darüber, welche besonders in kleinen Unternehmen dominieren. "Die Faktenlage ist denkbar dünn", so Wallaus Fazit. Wolle man das Thema wirklich vorantreiben, seien nicht nur weitere Befragungen notwendig, sondern auch eine verstärkte Aufklärung.

Der Begriff ist dreifach besetzt

Das Problem, so Wallau, beginne schon damit, dass der Begriff "betriebliche Altersvorsorge" letztlich dreifach besetzt sei. Keineswegs aber seien alle drei Möglichkeiten für kleine Betriebe gleich relevant.

So spreche man etwa auch dann von betrieblicher Altersvorsorge, wenn eigentlich eine Betriebsrente gemeint sei. Also eine Zusatzleistung, die ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert wird und die fast nur in Großunternehmen zum Einsatz kommt. Ebenso bezeichne man die klassische Entgeltumwandlung als bAV, bei der ein Betrag vom Bruttolohn abgezweigt und für die Altersvorsorge verwendet wird – also nur der Arbeitnehmer zahlt. Und letztlich gäbe es noch Mischformen .

Betrachtet man die bAV im Sinne des gesetzlichen Anspruchs, dann geht es ausschließlich um die klassische Entgeltumwandlung. Die anderen Formen können den gesetzlichen Anspruch erfüllen, das kommt dann auf die exakte Gestaltung an. Ein Wirrwarr, der das Verständnis nicht einfacher macht, wie Wallau betont. Eine Einschätzung, die auch Paulgerd Kolvenbach, Geschäftsführer der Longial GmbH, teilt. Das in Düsseldorf und Hamburg ansässige Consultingunternehmen berät mittelständische Unternehmen u.a. bei der praktischen Umsetzung der bAV.

Wie funktioniert betriebliche Altersversorgung?

Betriebliche Altersvorsorge im Sinne des Gesetzgebers funktioniert, indem der Arbeitnehmer einen Teil seines Bruttogehaltes umwandelt in eine Rentenversicherung. Der Betrag – bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung – wird direkt vom Lohn abgezogen, ohne dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer dafür Steuern und Sozialabgaben zahlen müssen. Je nach Vereinbarung mit dem Arbeitgeber spart der Angestellte allein oder teilt sich den Betrag mit dem Unternehmen. Es ist auch möglich, dass der Arbeitgeber ihm den Beitrag zur Altersvorsorge zum Lohn dazugibt.

Ein Patt: "Jeder wartet auf den anderen"

Auch Kolvenbach beobachtet, dass es auf beiden Seiten oft fehlendes Wissen und Unsicherheit ist, das die Umsetzung der bAV blockiert und im Betriebsalltag nicht selten zu einer Pattsituation führt: "Jeder wartet auf den anderen." Dabei – darin sind sich Wissenschaftler und Praktiker einig, bringt die bAV in fast allen Fällen beiden Seiten Vorteile: "Bei sehr geringem Einkommen kann es für den Arbeitnehmer sinnvoller sein, das Geld in einen Riestervertrag zu investieren."

In allen anderen Fällen geht es vor allem darum, den richtigen Weg für die bAV zu finden. Für kleine Handwerksbetriebe, so Kolvenbach, bieten sich hier vor allem zwei Formen an: die Direktversicherung oder die Pensionskasse. Beide sind einfach umsetzbar (siehe Kasten).

Der Arbeitnehmer spart in jedem Fall Steuern. Der Arbeitgeber hat verschiedene Möglichkeiten zu profitieren. Entweder er streicht die gesparten Sozialversicherungsbeiträge ein oder er setzt diese wieder ein – und macht die Sache damit für den Arbeitnehmer nochmal attraktiver. Gibt der Arbeitgeber die Ersparnis weiter, kann er das Instrument gleichzeitig zur Mitarbeiterbindung nutzen – oder sogar als Argument zur Gewinnung neuer Kräfte.

Betriebliche Altersvorsorge – welche Formen gibt es

Direktversicherung
Bei der Direktversicherung zahlt der Arbeitgeber einen Teil des Bruttolohnes in eine Lebensversicherung ein. Dieser Betrag muss nicht versteuert werden. Die Direktversicherung erfüllt den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers.

Pensionskasse
Pensionskassen sind Lebensversicherer, die sich auf bAV spezialisiert haben. Es gibt Anbieter rein für bestimmte Branchen oder auch Großunternehmen. Das Prinzip ist dasselbe wie bei der Direktversicherung.

Direktzusage (Pensionszusage)
Bei der Direktzusage wird dem Arbeitnehmer eine Leistung zugesagt, für die der Arbeitgeber geradesteht. Steuerliche Vorteile für beide, keine steuerliche Obergrenze. Allerdings: Die Direktzusage wirkt sich auf die Bilanz aus. Theoretisch auch für kleine Betriebe geeignet.

Pensionsfonds
Hier zahlt der Arbeitgeber in eine rechtlich selbständige Versorgungseinrichtung, die dann später die Leistung auszahlt. Oft ein Ausweg, wenn bestehende Pensionszusagen aus der Unternehmensbilanz ausgelagert werden sollen.

Unterstützungskasse
Wird dieser Weg gewählt, erfolgt die Einzahlung in eine unternehmensexterne GmbH, eine Stiftung oder einen Verein. Häufig genutzt, wenn sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer beitragen. Da es sich um eine mittelbare Pensionsverpflichtung handelt, wird die Bilanz nicht berührt. Keine steuerlichen Grenzen.

Was passiert mit der bAV bei Arbeitgeberwechsel?

Wechselt der Arbeitnehmer nach einigen Jahren die Stelle, kann er die erworbenen Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung mitnehmen . Dieser Rechtsanspruch bezieht sich aber nur auf die Direktversicherung, den Pensionsfonds und die Pensionskasse. Es empfiehlt sich, in diesem Fall beim neuen Arbeitgeber anzufragen, ob er den alten Vertrag übernimmt. In die Unterstützungskasse kann der neue Arbeitgeber allerdings nur einzahlen, wenn er Mitglied ist. Hat der alte Arbeitgeber eine Pensionszusage gegeben, behält der Mitarbeiter die Ansprüche meist nur, wenn er schon eine bestimmte Zeit im Unternehmen gearbeitet hat und die Ansprüche laut Vertrag unverfallbar geworden sind.

Einfacher mit Versorgungswerken

Auch die Signal Iduna kann bestätigen, dass es in den Betrieben schlechte Durchdringungsquoten bei der bAV gibt. Das Versicherungsunternehmen erinnert aber daran, dass Handwerksunternehmen über die Versorgungswerke des Handwerks relativ einfach und verwaltungsfreundlich an eine bAV kommen können. Auf Ebene der Kreishandwerkerschaften bestünden flächendeckend Versorgungswerke. Rund 200 von ihnen kooperieren mit der Signal Iduna, andere mit weiteren Handwerksversicherern. In vielen Gewerken gibt es aber auch tariflich geregelte Altersvorsorgeangebote.