Ausbildungsserie 9 Azubi-Krisen und wie Ausbilder reagieren können

Handwerksmeister, die ausbilden, wählen diesen Weg sehr bewusst. Dennoch passt nicht jeder Kandidat in den Beruf und den Betrieb. Manche Probleme werden aus dem privaten Umfeld mitgebracht, andere entstehen in der Lehre. Damit die Zusammenarbeit funktioniert, sollten Ausbilder auf bestimmte Hinweise achten und reagieren. Eine Übersicht von Ausbildungsberater Peter Braune.

Warnzeichen
Bestimmte Verhaltensweisen geben Hinweise darauf, ob sich ein Auszubildender im Betrieb wohl fühlt. - © jro-grafik - stock.adobe.com

Mangelnde Körperpflege

Es fallen immer wieder Lehrlinge auf, die ungepflegt im Betrieb erscheinen. Mit diesem Thema sollte die Meisterin oder der Meister sehr vorsichtig umgehen, um die jungen Leute nicht bloßzustellen. Wenn es zu sehr auffällt, hilft ein Lehrgespräch zur Hygiene im Betrieb - vielleicht sogar für alle Beschäftigten. Wenn das nicht hilft, kann die Einzelkonfrontation folgen, in der direkt zur Körperpflege aufgefordert wird.

Unzureichende Ernährung

Ein weiterer Punkt ist die unzureichende Ernährung. Dies zeigt sich darin, dass bei den Lehrlingen schon im Verlauf des Vormittags deutliche Leistungseinbrüche erkennbar sind. Hier sollte auf die genaue Einhaltung der Pausen geachtet werden. Wichtig ist auch genügend Zeit für die regelmäßige Ernährung und geeignete Hinweise zu selbiger.

Wenig Eigenverantwortung

Mangelnde Aufmerksamkeit der Ausbilder zeigt sich unter Umständen darin, dass manche Lehrlinge überzogene Erwartungen an Beschäftigte oder Vorgesetzte entwickeln, aber ihre eigene Verantwortung nicht wahrnehmen. Sie sollten dann zunehmend auf ihre eigene Verantwortung hingewiesen werden. Es wird ihnen natürlich Gelegenheit gegeben, diese wahrzunehmen.

Minderwertigkeitsgefühle

Instabile Beziehungen führen dazu, dass Lehrlinge sich minderwertig fühlen und Schwierigkeiten haben, die Autorität der Ausbildungsverantwortlichen anzuerkennen. In diesen Fällen sollte bei der Lernbegleitung auf zuverlässige Bezugspunkte und Kontaktbereitschaft geachtet werden. Hier hilft der kooperative Führungsstil.

Fehlende Entwicklungsanreize

Bei fehlenden Entwicklungsanreize erhalten die Lehrlinge keine Gelegenheiten, ihre Fähigkeiten ausreichend zu entwickeln. Manchmal können sie auch die Regeln nicht zuverlässig einhalten. Hier begründen die Verantwortlichen mit der erforderlichen Geduld die betriebliche Regeln, Zusammenhänge und Lehrinhalte, ohne eine verachtende Haltung zu entwickeln.

Wenig Alltagsstruktur

Eine allgemeine Verwahrlosung ist erkennbar, wenn die Lehrlinge kaum gesellschaftlich sinnvolle Ziele verfolgen, mit wenig Struktur den Tag durchleben und sich nicht in die bestehenden Systeme einfügen wollen. In so einem Fall wäre zu klären, ob das Ausbildungspersonal dieser Herausforderung alleine gewachsen ist. In einem sehr schwierigen Fall kann die Unterstützung von außen geholt werden.

Geringe Qualifikation

Die Chancenungleichheit zeigt sich darin, dass sich ein Lehrling aufgrund fehlender Kompetenzen oder seines Verhaltens nicht in den Alltag des Betriebs einfügen kann. Er wird den Ansprüchen und Zielen der Ausbildung nicht gerecht. Das Ziel der Ausbildung ist gefährdet. Hier muss mit der Tragweite der Situation ehrlich umgegangen werden. Bei Bedarf wird die Ausbildungsberatung der Kammer einbezogen.

Private Probleme

Persönliche Probleme werden erkennbar, wenn zum Beispiel ein Lehrling ein übersteigertes Nähe- oder Distanzverhalten zeigt und seine Beziehungsprobleme bis in den Betrieb hineinwirken. Hier ist unbedingt Berufliches und Privates auseinanderzuhalten. Natürlich kann man Verständnis für die Situation zeigen. Wichtig ist aber unbedingt zu erklären, warum betriebliche Interessen Vorrang haben. 

Schlechter Gesundheitszustand

Der gesundheitliche und körperliche Verfall zeigt sich darin, dass jemand zunehmend mit der Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit beschäftigt ist und deshalb im Betrieb häufig fehlt. Die Gesundheit ist für die Ausbildungsfähigkeit wichtig. So ein Lehrling wird aufgefordert, außerhalb der Arbeitszeit eine Arztpraxis aufzusuchen.

Ihr Ausbildungsberater Peter Braune

Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.