Von Flüssiggas bis Heizöl Wie sich Handwerksbetriebe für den Gas-Engpass wappnen

Weil viele Handwerker um ihre Versorgungssicherheit fürchten, schauen sie sich nach Alternativen um. Noch aber gibt es viele Unsicherheiten, nicht zuletzt, weil Genehmigungen seitens der Politik fehlen. Die bereitet Unternehmen derweil auf weiter steigende Gaspreise vor.

Vier Heizungsrohre mit Temperaturanzeige.
Vier Heizungsrohre mit Temperaturanzeige: Weil die Gaspreise steigen, schauen sich erste Handwerksbetriebe nach alternativen Energiequellen um. - © MATTHIAS BUEHNER - stock.adobe.com

Die Lage am Gasmarkt ist ernst und droht sich zu verschlechtern. Jede Einsparung ist bedeutsam. Doch um die hohen Gaspreise allein geht es Unternehmern wie Jörg Dresel schon lange nicht mehr. Er sorgt sich um seine Gasversorgung generell. "Ich muss mich darauf einstellen, dass ich in den nächsten Monaten kein Erdgas mehr bekommen könnte", sagt der Inhaber einer Industrielackiererei mit 45 Mitarbeitern vom südlichen Hochrhein. Seit Tagen will er wissen, ob Flüssiggas eine realistische Alternative sein könnte. Doch weder Versorger noch die örtlichen Behörden können ihm genaue Angaben machen, ob er ausreichend viele Tanks auf seinem Gelände aufstellen darf und ob er genügend Flüssiggas bekommt. "Wir brauchen schnelle, pragmatische Lösungen, sonst kann ich meinen Betrieb zumachen", sagt er.

"Wir reaktivieren unseren alten Ölkessel"

Angesichts dieser Problematik fordert auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) mehr Unterstützung von öffentlicher Seite: "Wir brauchen schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren", sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer etwa mit Blick auf die Inbetriebnahme von Tanks für Flüssiggas oder die Genehmigung von schon stillgelegten Ölheizungen.

Seit Putin am Gashahn dreht, treibt die Frage der Versorgungssicherheit und der Preisentwicklung noch mehr Handwerksunternehmen um. Das zeigte sich auch bei zahlreichen Diskussionen auf der Internationalen Handwerksmesse (IHM). Viele Handwerksunternehmen befürchten, in einem Wettstreit um Gas gegenüber der Industrie oder den Bürgern ins Hintertreffen zu geraten. Wer kann, schaut sich deshalb nach alternativer Energieversorgung um. "Wir reaktivieren unseren alten Ölkessel", sagt Peter Winter von der Pfungstädter Brauerei in Hessen. Andere wieder setzten auf Systemrelevanz: "Wir hoffen, dass wir systemrelevant sind und uns das Gas nicht abgestellt wird", sagt der Seniorchef der Filialbäckerei Hirth in Bad Friedrichshall, Johannes Hirth. Auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks vertritt die Position, dass die Lebensmittelproduktion systemrelevant ist und deswegen privilegiert beliefert werden muss.

Unterdessen verwies Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der IHM auf Bemühungen der Regierung, einer Gas-Mangellage vorzubeugen. "Wir kümmern uns darum, dass es nicht dazu kommt", sagte er. Die Vorkehrungen reichten von Vorschriften zur Gaseinspeicherung und dem teuren Kauf von Gas auf den Weltmärkten über den Bau von Flüssiggasterminals bis zur Möglichkeit, wieder Strom aus Kohle statt Gas zu produzieren. Auch würden Unternehmen identifiziert, die bereit wären, freiwillig auf Gas zu verzichten.

Staat kann bei strauchelnden Gasversorgern einsteigen

Derweil lässt auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) keine Gelegenheit aus, zum Gassparen anzuspornen. Daneben hat die Regierung rechtliche Voraussetzungen geschaffen, dass auch der Staat bei strauchelnden Gasversorgern einsteigen kann, um deren Zusammenbruch zu verhindern. Ebenso soll es den Versorgern unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein, deutlich höhere Preise unabhängig von bestehenden Verträgen an ihre Kunden weiterzugeben. Voraussetzung ist, dass eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgas-Importmengen nach Deutschland von der Bundesnetzagentur festgestellt wird. Dann "haben alle hiervon betroffenen Energieversorgungsunternehmen entlang der Lieferkette das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen", heißt es im Gesetz.

Doch selbst wenn diese Situation vermieden werden kann, rechnet Habeck mit insgesamt steigenden Gaspreisen. Schon jetzt hätten sich die Versorger zu sehr viel höheren Kosten als ursprünglich veranschlagt am Gasmarkt eindecken müssen. Diese Preise müssten sie über kurz oder lang weitergeben, sagte er.