Meisterbrief Qualität auf höchstem Niveau
Der Meisterbrief im Handwerk ist das Qualitätskriterium für Handwerksbetriebe und alle Endverbraucher. Was bedeutet der Meisterbrief? Wie ist die Einschätzung zur Rückkehr zur Meisterpflicht in einigen Gewerken? Handwerkskammer-Präsident Walter Heußlein und Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul geben Antworten.
DHZ: Herr Heußlein, Sie sind Handwerksmeister und führen einen Schreinerbetrieb in Billingshausen,
Kreis Main-Spessart. Welchen Stellenwert hat der Meisterbrief im Handwerk?
Walter Heußlein: Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich meinen Meisterbrief überreicht bekam
und, wie ich sage, das beste Qualitätssiegel des Handwerks in den Händen hielt. Ich
war sehr stolz. Und mit dem Meisterbrief hatte ich die Möglichkeit, den Betrieb meines
Vaters zu übernehmen. Vor allem das Zusammenspiel zwischen praktischen und betriebswirtschaftlichen
Erkenntnissen während der Meisterausbildung macht den Handwerksmeister so stark. Das
war früher während meiner Ausbildung so und gilt für die heutigen Meister ebenso.
Der Meister befähigt die jungen Menschen, einen Betrieb zu gründen, sich selbstständig
zu machen, Lehrlinge auszubilden. Und der Kunde kann sich bei einem Meisterbetrieb
auf qualitativ hochwertige Arbeit verlassen.

DHZ: Herr Paul, vor den Meisterprüfungsausschüssen in Unterfranken schaffen es pro Jahr
zirka 600 junge Menschen, ihre Meisterprüfung erfolgreich abzulegen. Die Handwerkskammer
ehrt sie mit einer großen Feier. Warum ist das so wichtig?
Ludwig Paul: Wir als Handwerkskammer für Unterfranken richten zwei Meisterfeiern pro Jahr aus.
Und in der Tat verleihen wir an diesen Feiern rund 600 Jungmeisterinnen und Jungmeistern
den Meisterbrief persönlich. Jeder Einzelne wird auf die Bühne gerufen und Präsident
Heußlein überreicht den Meisterbrief. Das ist Ausdruck unserer Wertschätzung für die
Leistung während der Meisterausbildung. Die Meisterfeier ist krönender Abschluss einer
langen Zeit des Lernens und stellt die neuen Meister in den Mittelpunkt. Die Meister
stehen für die Zukunft des unterfränkischen Handwerks, für Modernität und Innovation.
Das soll, nein muss, natürlich groß gefeiert werden.
DHZ: Sie sagten gerade, dass Meister für die Zukunft des Handwerks stehen. Was meinen Sie
da genau?
Paul: Meister sind im wahren Sinne des Wortes Meister ihres Fachs. Sie verkörpern das Handwerk,
sind durch die Meisterausbildung fachlich und persönlich gereift, stehen auf einem
hohen Niveau. Meister sind die Basis für ein gut aufgestelltes Handwerk. Sie sind
der Fixpunkt der dualen Berufsausbildung. Ohne sie wäre das deutsche Erfolgssystem
„duale Ausbildung“ nicht möglich. Das heißt, Handwerk funktioniert nicht ohne Meister.
Sie sind das Rückgrat und der Stabilisationsanker. Sehen Sie, 95 Prozent aller Azubis
im Handwerk werden von Betrieben der 41 zulassungspflichtigen Handwerksberufe, also
von den Meisterbetrieben, ausgebildet, nur 5 Prozent in solchen ohne Meisterpflicht.

DHZ: Herr Heußlein, 2004 wurden 53 Gewerke aus der Meisterpflicht genommen. Wie ist die
Entwicklung in den Gewerken?
Heußlein: Die Abschaffung der Meisterpflicht für 53 der 94 Handwerksberufe hat spürbare Folgen
hinterlassen: qualitativ wie auch quantitativ weniger Fachkräfte, weniger Ausbildung
und nicht selten Klagen über Qualitätseinbußen bei den Handwerksleistungen. Die mit
der Novelle verbundene Hoffnung, durch die Abschaffung der Meisterpflicht mehr Fachkräfte
zu bekommen, hat sich nicht erfüllt. In den zulassungsfreien Gewerken kann seit der
Deregulierung jeder einfach loslegen, ohne dass er dafür irgendeinen Qualifikationsnachweis
vorlegen muss. Entsprechend weniger Menschen qualifizieren sich dort zum Meister weiter.
Unsere Statistiken zeigen eindeutig, dass die Betriebe, die von einer Meisterin oder
einem Meister geführt werden, nachhaltiger am Markt bestehen als die ohne. Also: Den
Meister zu machen macht Sinn. Und das bleibt so.
DHZ: Herr Paul, es gibt Bestrebungen, einzelne Gewerke wieder in die Meisterpflicht zu
nehmen. Ist das überhaupt möglich?
Paul: Es mehren sich die Stimmen, die für einzelne Gewerke eine Rückkehr zur Meisterpflicht
vorsehen. Stimmen natürlich aus der Handwerksorganisation, aber auch aus der Politik.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat zwei Gutachten in Auftrag gegeben,
die analysieren sollen, ob und für welche Gewerke das sinnvoll wäre. Ganz klar ist
jedoch, dass eine Neuregelung europafest und verfassungskonform sein muss. Wir stehen
hier noch am Anfang, aber ich bin sehr froh um die Diskussion. Das zeigt, dass es
vielen so langsam klar wird, mit der Deregulierung 2004 einen großen Fehler begangen
zu haben. Diesen Fehler vollständig zurückzunehmen wird nicht gelingen, aber vielleicht
können wir ihn minimieren.