Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gebäudereiniger-Handwerk haben sich auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Der allgemeinverbindliche Branchenmindestlohn wurde im Oktober 2022 in einem ersten Schritt auf 13 Euro angehoben. Auch Auszubildende, Fachkräfte sowie die Glas- und Fassadenreinigung erhalten eine zweistufige Lohnanpassung. Eine Übersicht.

Zum 1. Oktober 2022 sind die Mindestlöhne im Gebäudereiniger-Handwerk gestiegen. Nach zwei Verhandlungsrunden einigten sich der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) und die Gewerkschaft IG Bau auf einen 27-monatigen Tarifvertrag bis Ende 2024. Die Tarifkommissionen beider Parteien haben dem Kompromiss zugestimmt. Ende September 2022 wurde er als allgemeinverbindlich für alle Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk erklärt.
Der Branchenmindestlohn (Lohngruppe 1/Einstiegslohn) steigt demnach in zwei Stufen. Im ersten Schritt ist der Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 von derzeit 11,55 Euro auf 13 Euro geklettert. Das entspricht einem Plus von 12,55 Prozent. Eine zweite Erhöhung um 3,85 Prozent erfolgt zum 1. Januar 2024 auf 13,50 Euro.
Der zweite Branchenmindestlohn, der für Fachkräfte sowie für die Glas- und Fassadenreinigung (Lohngruppe 6) gilt, ist zum 1. Oktober 2022 von derzeit 14,81 Euro auf 16,20 Euro (9,39 Prozent) gestiegen und soll zum 1. Januar 2024 auf 16,70 Euro (3,09 Prozent) steigen. Die Ausbildungsvergütungen erhöhen sich bis Laufzeitende im Jahr 2024 je nach Lehrjahr auf 900, 1.035 und 1.200 Euro.
Neuer Branchenmindestlohn: "Sinnvoller Kompromiss"
"Unterm Strich ist das Tarifergebnis herausfordernd für die Unternehmen, aber mit Blick auf Planbarkeit und Personalgewinnung ein sinnvoller Kompromiss", so Christian Kloevekorn.
Die IG Bau freut sich, dass Reinigungskräfte auch weiterhin deutlich mehr als den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie sehr es auf die oft unsichtbare Arbeit der Reinigungskräfte ankommt. "Es ist wichtig, dass die Beschäftigten für ihren anspruchsvollen Job mehr bekommen als nur den gesetzlichen Mindestlohn", so Bundesvorstandsmitglied Ulrike Laux.
Hintergrund: Darum forderte die IG Bau Neuverhandlungen
Wer im Gebäudereiniger-Handwerk in Lohngruppe 1 eingruppiert ist, erhielt vor der Erhöhung einen Branchenmindestlohn von 11,55 Euro brutto pro Stunde. Für den 1. Januar 2023 vereinbarten die Gewerkschaft IG Bau und der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) im November 2020 eigentlich eine Erhöhung auf zwölf Euro. Was sie damals noch nicht wissen konnten: die Bundesregierung kündigte an, den gesetzlichen Mindestlohn im Oktober 2022 auf zwölf Euro anheben zu wollen. Die gesetzliche Lohnuntergrenze hätte damit den Branchenmindestlohn überholt und auch im Gebäudereiniger-Handwerk gegolten.
Unter dem Motto "Wir schwitzen nicht für Mindestlohn" forderte die IG Bau deshalb vorzeitige Neuverhandlungen. Es brauche auch weiterhin einen spürbaren Abstand zum gesetzlichen Mindestlohn, damit Beschäftigte nicht aus der Branche abwandern, so die Gewerkschaft. Sie forderte einen Mindeststundenlohn von 13,73 Euro für die Gebäudereiniger-Branche – eine Steigerung um rund 19 Prozent.
Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk: Das war das erste Angebot der Arbeitgeber
Die Arbeitgeber stimmten zu, mit der Gewerkschaft in vorzeitige Gespräche einzutreten. In einer ersten Verhandlungsrunde am 23. Mai boten sie einen Stundenlohn von 12,50 Euro. Ab 2024 könnte es zudem eine weitere Erhöhung um 25 Cent geben. Die Gewerkschaft lehnte den Vorschlag angesichts der stark steigenden Lebenshaltungskosten als "viel zu gering" ab.
Der Bundesinnungsverband der Gebäudereiniger verwies auf die zahlreichen Belastungen, denen die Betriebe wie auch ihre Auftraggeber ausgesetzt seien: Krieg in Europa, Lieferkettenengpässe, steigende Energiepreise, demografischer Wandel, Unsicherheiten durch die Pandemie.
Nachdem die Tarifkommissionen beider Parteien grünes Licht für die erzielte Einigung gegeben haben, hat auch das Bundesarbeitsministerium den Mindestlohn für das Gebäudereiniger-Handwerk für allgemeinverbindlich erklärt.
Das sieht der neue Mindestlohn-Tarifvertrag vor
Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk (Mindestlohn-Tarifvertrag)
Zuvor | Seit Oktober 2022 | Ab Januar 2024 | |
Lohngruppe 1 | 11,55 Euro | 13,00 Euro | 13,50 Euro |
Lohngruppe 6 | 14,81 Euro | 16,20 Euro | 16,70 Euro |
Bei den Lohngruppen 1 und 6 handelt es sich um Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Sie sind im Mindestlohn-Tarifvertrag geregelt. Sobald sie vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt werden, gelten die Branchenmindestlöhne auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer, einschließlich der nach Deutschland entsandten Beschäftigten von Arbeitgebern im Gebäudereiniger-Handwerk mit Sitz im Ausland. Er gilt dann als gesetzlicher Branchenmindestlohn zwingend für alle Betriebe des Gebäudereiniger-Handwerks – unabhängig von einer Mitgliedschaft in Verbänden oder Gewerkschaften. Der Anspruch auf den Mindestlohn der Lohngruppe 1 stünde somit auch den Arbeitnehmern mindestens zu, die gemäß des Rahmentarifvertrags Gebäudereinigung in der jeweils gültigen Fassung aufgrund ihrer Tätigkeiten in die Lohngruppen 2, 3 oder 4 (Lohngruppe 5 entfallen), der Anspruch auf den Mindestlohn der Lohngruppe 6 auch denjenigen Arbeitnehmern, die gemäß Rahmentarifvertrag Gebäudereinigung in der jeweils gültigen Fassung aufgrund ihrer Tätigkeiten in die Lohngruppen 7 oder höher, einzugruppieren sind.