Meisterpflicht Der Meister macht den Unterschied
2019 könnte für das Handwerk ein denkwürdiges Jahr werden. Denn spätestens seit der Bundesrat-Offensive des Freistaats Bayern steht die Wiedereinführung der Meisterpflicht auf der politischen Agenda.
Aber was bedeutet das für das Handwerk der Region? Hier die wichtigsten Fragen und
Antworten zur Entwicklung im Handwerkskammerbezirk Konstanz:
1 Wie hat sich die Zahl der Betriebe mit und ohne Meisterpflicht im Bezirk der Handwerkskammer
Konstanz seit 2004 entwickelt?
Anfang 2004 lag die Zahl der zu lassungspflichtigen Betriebe bei 7.530, Ende 2018
waren es 7.379. Die Abweichung entstand hauptsächlich, weil mittlerweile Filialen
etwa im Lebensmittelhandwerk nicht mehr mitgezählt werden. Die Anzahl der zulassungspflichtigen
Betriebe ist demnach relativ konstant geblieben. In den handwerksähnlichen Berufen,
zu denen beispielsweise Änderungsschneider, Kosmetikerinnen oder Metallschleifer gehören,
gab es im selben Zeitraum einen moderaten Anstieg der Betriebszahlen um rund 9 Prozent.
In zulassungsfreien Gewerken hat sich die Zahl der Betriebe dagegen fast verdreifacht.
Hier waren Anfang 2004 nur 939 Betriebe eingetragen. Heute sind es 2.401. Beispielsweise
gibt es mittlerweile über dreimal so viele Fliesen-, Platten- und Mosaikleger. Die
Zahl der Gebäudereiniger ist sogar um ein Vierfaches gestiegen. Auffällig ist die
Fluktuation: Sie ist in den seit 2004 deregulierten Gewerken dreimal höher als im
zulassungspflichtigen Handwerk. Betriebe ohne Meisterpflicht werden also schneller
gegründet, aber auch schneller aufgegeben als Meisterbetriebe.
2 Welche Probleme sind aufgetreten, seit sich die Betriebe ohne Meister selbstständig
machen können?
Es gibt seit der Handwerksnovelle von 2004 in den entsprechenden Gewerken viel mehr
Soloselbstständige ohne Qualifikationsnachweis, oft auch aus Osteuropa. Sie bieten
oft niedrige Preise, aber nicht immer stimmt die Qualität der Dienstleistung oder
Vorschriften werden aus Unwissenheit nicht beachtet, was dann den ganzen Berufszweig
diskreditieren kann. Das ist nicht im Sinne des Handwerks und auch nicht im Sinne
des Verbraucher- und Gewährleistungsschutzes. Ganz abgesehen davon fehlen in den
nicht zulassungspflichtigen Gewerken häufiger die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse,
um das Unternehmen nachhaltig am Markt zu halten. Unternehmensführung und Betriebswirtschaftslehre
sind in den Meistervorbereitungskursen ganz wesentliche Unterrichtsinhalte. Einen
großen Unterschied macht der Meister auch bei der Ausbildung. 95 Prozent der Azubis
im Handwerk werden in den meisterpflichtigen Berufen ausgebildet. In den zulassungsfreien
Gewerken spielt Ausbildung dagegen kaum eine Rolle, obwohl das Handwerk dringend gut
qualifizierte Fachkräfte braucht .
3 Welche Gründe gab es im Jahr 2004 für die Abschaffung der Meisterpflicht in 37 Gewerken?
2004 war die wirtschaftliche Situation eine andere als heute. Deutschlandweit gab
es rund 5 Millionen Arbeitslose. Um diesen Menschen eine Perspektive zu geben, lockerte
die damalige Regierung die Hürden für die Selbstständigkeit, in 37 Gewerken fiel die
Meisterpflicht weg. Seitdem kann jeder, der sich entsprechend beim Gewerbeamt eingetragen
lässt, beispielsweise Fliesen verlegen, ohne das überhaupt gelernt zu haben. Man braucht
keinerlei Qualifikationsnachweis.
4 Gibt es zulassungsfreie Ge werke, in denen die Wiedereinführung der Meisterpflicht
keinen Sinn macht?
Grundsätzlich macht Qualifikation überall Sinn, so die Einschätzung der Handwerkskammer.
Letztendlich müssen aber die Berufsverbände entscheiden, wie sinnvoll eine Wiedereinführung
der Meisterpflicht in ihren Gewerken ist, und ihre Argumente der Politik vorlegen.