Interview „Das Handwerk steht für Wachstum und Lebensqualität“
Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer spricht über seinen Bezug zum Handwerk, welchen Stellenwert die Branche für die Wirtschaft im Freistaat hat und wie er den Handwerksbetrieben unter die Arme greifen möchte.
Seit 21. März 2018 ist Franz Josef Pschierer, 61, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie. Zuvor war er dort seit 2013 Staatssekretär.
DHZ: Herr Minister, ähnlich wie Ihre Amtsvorgängerin verfügen Sie über eine enge Bindung
zum Handwerk. Wie kam es dazu?
Franz Josef Pschierer: Ich habe meine berufliche Laufbahn 1984 als Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
bei der Handwerkskammer für Schwaben in Augsburg begonnen. Danach war ich Redakteur
und stellvertretender Chefredakteur bei der Deutschen Handwerks Zeitung, bis ich 1994
Mitglied des Bayerischen Landtags wurde. Rückblickend könnte man sagen, dass mir das
Handwerk eine politische Karriere erst ermöglicht hat.
DHZ: Welchen Stellenwert hat das bayerische Handwerk für Sie und Ihr Haus?
Pschierer: Das Handwerk steht für rund 19 Prozent der Wertschöpfung der bayerischen Wirtschaft.
Nur zum Vergleich: Mit einem Gesamtumsatz von fast 110 Milliarden Euro bringt das
bayerische Handwerk mehr auf die Waage als zehn der 28 EU-Mitgliedsstaaten. Dabei
trägt das Handwerk Wachstum, Beschäftigung und Lebensqualität flächendeckend in alle
Regionen unserer bayerischen Heimat. Für mich besonders wichtig: Das Handwerk ist
„Ausbilder der Nation“ und hat für alle Neigungen und Talente etwas zu bieten. Unsere
rekordverdächtig niedrige Jugendarbeitslosigkeit von 2,5 Prozent verdanken wir nicht
zuletzt dem Engagement des Handwerks. Der Stellenwert des Handwerks als tragende
Säule unserer Wirtschaft ist daher nicht hoch genug einzuschätzen.
DHZ: Wie wichtig sind dabei die Handwerksorganisationen?
Pschierer: Die gesamte berufliche Bildung beim Handwerk steht und fällt mit der Organisationsleistung
und der besonderen Erfahrung unserer Handwerksorganisationen. Unser duales System
auf Basis des Meisterbriefs kann nur aus den Handwerksorganisationen heraus seine
bewährte Wirkung entfalten. Darüber hinaus sind die Handwerksorganisationen wertvolle
Anlaufstellen und Ratgeber für unsere Handwerksunternehmen, aber auch für Politik
und Verwaltung. Die bayerische Staatsregierung greift gerne auf die Erfahrung und
fachliche Expertise der Handwerksorganisationen zurück. Ich führe oft und regelmäßig
Gespräche mit Vertretern unserer bayerischen Handwerksorganisationen. Dabei geht es
darum, aktuelle Nöte der Betriebe zu erfahren und neue Chancen für das Handwerk zu
erkennen. Mir ist es vor allem auch wichtig, zukünftige wirtschaftspolitische Weichenstellungen
offen zu diskutieren.
DHZ: Fachkräftemangel, steigende Energiepreise, Digitalisierung, drohende Diesel-Fahrverbote:
Das Handwerk im Freistaat steht vor vielen Herausforderungen. Was tut die bayerische
Politik, um die Betriebe zu unterstützen?
Pschierer: Wir stehen fest an der Seite unserer Handwerksbetriebe. Beim Thema Fachkräftemangel
investieren wir in diesem Jahr voraussichtlich rund 19 Millionen Euro in die überbetrieblichen
Bildungseinrichtungen des Handwerks. Meisterbonus, Meister-BAföG und Meisterpreis
sind weitere Beispiele, ebenso wie die erfolgreiche Imagekampagne „Ausbildung macht
Elternstolz“. Wir setzen gezielte Anreize, um Energie in den Betrieben zu sparen;
tragen das Thema Energiepreise aber auch nach Berlin etwa mit eigenen Konzepten zur
Finanzierung der Energiewende. Zusätzlich haben wir mit dem Masterplan Bayern Digital
I und II ein Maßnahmenpaket für die Digitalisierung vorgelegt und investieren hier
insgesamt 5,5 Milliarden Euro. Beim Thema Diesel-Fahrverbote sage ich ganz klar: Diese
wird es mit uns nicht geben!
DHZ: Die EU-Kommission startet immer wieder Initiativen, die dem Handwerk, speziell dem
Meisterbrief, schaden würden – zuletzt beim Dienstleistungspaket. Wie können Politik
und Handwerksorganisationen darauf reagieren?
Pschierer: Mit großer Wachsamkeit und unermüdlichem Engagement, weil auf diese Weise Handwerk
und Politik gemeinsam erfolgreich sind. Ich erinnere nur daran, dass wir bei dem leidigen
Thema „Dienstleistungskarte“ am Ende die Position Bayerns gegenüber der EU-Kommission
durchgesetzt haben. Hier wird es aber sicherlich weitere Angriffe geben; dann stehen
wir auch weiterhin bereit. Um es nochmal deutlich zu sagen: Gerade auch mit einer
Jugendarbeitslosigkeit von 2,5 Prozent in Bayern und 4,5 Prozent in Deutschland sind
wir bei Arbeitsmarktthemen vorbildgebend. EU-weit sind es über 17 Prozent; deshalb
müssen übrigens auf EU-Ebene Milliardenbeträge zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit
investiert werden. Die Kommission sollte sich intensiver um ihre Problemzonen kümmern
und ihre Leistungsträger ungehindert weitermachen lassen. Schließlich sind es auch
die Leistungsträger, die die EU finanzieren.