Rückkehrrecht in Vollzeitstelle: Das gilt seit Jahresbeginn 2019 "Brückenteilzeit": Rechtsanspruch ohne große Wirkung

Wer seine Arbeitszeit nur für eine bestimmte Zeit verkürzen und dann zu einer Vollzeitstelle zurückkehren möchte, hat seit Jahresbeginn 2019 das Recht dazu. Die "Brückenteilzeit" gilt allerdings nicht für Betriebe mit weniger als 45 Mitarbeitern. Eine Umfrage zeigt nun, dass der neue Rechtsanspruch kaum genutzt wird.

Wer die Arbeitszeit nach der Elternzeit, einer anderen beruflichen Pause oder einer Teilzeitbeschäftigung wieder aufstocken möchte, hat seit Jahresbeginn 2019 einen Rechtsanspruch darauf. - © Markus Mainka - stock.adobe.com

Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, eine Weiterbildung oder einfach mehr freie Zeit: Der Anteil der Arbeitnehmer, die in Teilzeit arbeiten, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Doch nicht alle Arbeitnehmer wollen ihre Arbeitszeiten auf Dauer verkürzen. Wer den Schritt in Teilzeit geht, hatte bisher jedoch keinen rechtlichen Anspruch darauf, später die Arbeitszeit wieder aufzustocken. Dies hat die Bundesregierung mit der "Brückenteilzeit" zum Jahresbeginn 2019 geändert und einen Rechtsanspruch auf eine befristete Teizeit geschaffen.

Die Brückenteilzeit greift allerdings nur für Beschäftigte, die in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeitern arbeiten. Und wie sich nun nach fast einem Jahr zeigt, hat der neue rechtliche Anspruch kaum Wirkung. Das zeigt eine Umfrage unter 800 Personalleitern – die sogenannte "Randstad ifo Personalleiterbefragung". Demnach wird der Rechtsanspruch auf die befristete Teilzeit in gerade einmal drei Prozent der Unternehmen häufig genutzt; in 11 Pozent gelegentlich und in 22 Prozent selten.

Dabei zeigen sich eindeutige Unterschiede nach der Größe des Unternehmens. So können 40 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland die Brückenteilzeit nicht in Anspruch nehmen, weil sie in kleineren Betrieben arbeiten, in denen der Rechtsanspruch nicht gilt. Die Befragung zeigt zudem, dass die Brückenteilzeit nicht dafür gesorgt hat, dass Betriebe neue Stellen geschaffen haben. Denn die befristete Zeit, in der ein Mitarbeiter aufgrund des Brückenteilzeitgesetzes in Teilzeit gearbeitet hat, wurde meist durch Mehrarbeit von Kollegen überbrückt.

Allerdings wurd auch deutlich, dass die befristete Teilzeit auch schon vor dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs Thema in den Betrieben war und genutzt wurde – sozusagen freiwillig vom Arbeitgeber gewährt. Laut Ifo-Institut wurde Anfragen von Beschäftigten auch ohne Rechtsanspruch relativ häufig nachgekommen: Insgesamt 18 Prozent der Unternehmen gewährten regelmäßig befristete Teilzeit, 37 Prozent gelegentlich. In nur 32 Prozent der Unternehmen gab es keine Anfragen zur befristeten Verkürzung der Arbeitszeit.

Das Brückenteilzeitgesetz gilt seit Anfang 2019 und sieht folgende Neuerungen vor:

Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit: Was gilt seit Jahresbeginn 2019?

Wer in Teilzeit arbeiten und entsprechend seine Arbeitszeit verkürzen will, kann dies per Rechtsanspruch einfordern. Vor 2019 war dies jedoch eine Einbahnstraße: Einen gesetzlichen Anspruch auf die Rückkehr in eine Vollzeitstelle gab es nicht. Doch das hat sich zum 1. Januar 2019 geändert mit der neuen Brückenteilzeit.

Die Neuerungen gelten für alle Arbeitnehmer, die seit dem 1. Januar 2019 einen Arbeitsvertrag in Teilzeit abschließen. Weitere wichtige Voraussetzung: Sie arbeiten in einem Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeitern. Kleinstunternehmen sind von den neuen Regelungen also nicht betroffen und auch Mittelständler mit 45 bis 200 Angestellten müssen diesen Anspruch nur einem von 15 Mitarbeitern gewähren. Die Bundesregierung hat damit das Teilzeit- und Befristungsgesetz geändert; dort wurde ein Recht auf befristete Teilzeit eingeführt.

Warum gibt es Kritik an der Brückenteilzeit?

Schon nach dem Bekanntwerden der erste Pläne zur Brückenteilzeit wurde Kritik laut. Da Frauen häufiger in kleinen Betrieben arbeiten, wird nur eine Minderheit das Rückkehrrecht nutzen können, beklagt etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen. Das zeigt auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion. Demnach sind von den insgesamt 5,1 Millionen teilzeitbeschäftigten Müttern in Deutschland gut 3,1 Millionen in einem Betrieb mit weniger als 50 Mitarbeitern tätig. So ist das neue Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle für fast zwei Drittel aller erwerbstätigen Mütter ohne Wirkung .

Die Arbeitgeberseite kritisiert die Brückenteilzeit zudem als starke Belastung für die Unternehmen und mahnt, dass ein solcher Anspruch nichts mit flexibler Arbeitsgestaltung zu tun hätte, sondern eine erheblich kompliziertere Personalplanung nach sich zieht. Holger Schwannecke, der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) kritisiert, dass mit dem Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit erneut tief in die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen eingegriffen werde: "Einseitige Rechtsansprüche der Arbeitnehmer zur Gestaltung ihrer Arbeitszeit rühren am Selbstverständnis von Betriebsinhabern, die Organisation der Arbeitszeit selbst in der Hand zu haben." Die Personaleinsatzplanung werde gerade in mittelständischen Betrieben damit weiter erschwert.

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Dieser Kritik schließt sich auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbes (ZDB) an. ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa nannte das Gesetz "bürokratisch und überflüssig", denn die Personalplanung eines Unternehmens könne durch die Regelungen innerhalb kurzer Zeit über den Haufen geworfen werden. Es sei nur ein schwacher Trost, dass Unternehmen mit bis zu 45 Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.

Da die Neubesetzung von Arbeitsplätzen derzeit durchschnittlich sechs Monate dauere, sei die im Gesetz vorgesehene Ankündigungsfrist von drei Monaten viel zu kurz bemessen. "Die Unternehmen werden daher in der Regel nicht in der Lage sein, bei einer so kurzen Vorlauffrist zwischen dem Antrag des Arbeitnehmers und dem Beginn der Brückenteilzeit den befristeten Teilzeitarbeitsplatz neu zu besetzen", bemängelt Pakleppa.

Brückenteilzeit: Unter welchen Voraussetzungen gilt sie wirklich?

Durch das Rückkehrrecht muss derjenige, der seineArbeitszeit wieder auf eine Vollzeitstelle aufstocken will, nicht mehr nur auf die Kulanz des Arbeitgebers hoffen. So gilt seit Januar 2019, dass Arbeitgeber Teilzeitkräfte, die den Wunsch äußern, ihre Arbeitszeit aufzustocken, bei der Neubesetzung einer Vollzeitstelle bevorzugt berücksichtigen müssen. Sie können dies jedoch aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen.

Eine Ablehnung von Seiten des Arbeitgebers ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: "Der Arbeitgeber kann eine befristete Teilzeit ablehnen, wenn diese ein Jahr unter oder fünf Jahre überschreitet", heißt es im Koalitionsvertrag. Zudem kann ein Arbeitnehmer nach Ablauf der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung der Arbeitszeit verlangen.

Doch trotz dieser Begrenzungen für Arbeitnehmer sieht der ZDH vor allem Belastungen für Handwerksbetriebe bzw. immer neue und ständig zunehmende bürokratische Reglementierungen für die Unternehmen. Die Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen bewertet Holger Schwannecke zwar als wichtig, aber dennoch nicht als ausreichend um Handwerksbetriebe zu entlasten. Denn diese könnten schnell mittelständische und insbesondere Filialstrukturen im Handwerk treffen. "Erforderlich ist deswegen, dass bei der Berechnung der Schwellenwerte Teilzeitbeschäftigte anteilig ihrer Arbeitszeit und nicht pro Kopf berechnet sowie der einzelne Betrieb vor Ort und nicht das Unternehmen als Ganzes als Bezugsgröße genommen werden", fordert er. dhz

Verringern können Arbeitnehmer ihre Arbeitzeit schon seit langem, denn genau dafür bestand auch vor der Einführung der Brückenteilzeit schon ein Anspruch. Was beim Wechsel in Teilzeit rechtlich gilt, lesen Sie hier.>>>

Ausführliche Infos zur neuen Brückenteilzeit gibt es außerdem hier.>>>

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