Schulabschlüsse, eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung oder einschlägige Arbeitserfahrungen: Das alles sind anerkannte Gründe, um die Ausbildungszeit zu verkürzen. Wann eine Verkürzung noch infrage kommt und wie sie beantragt wird, erklärt Ausbildungsberater in diesem Beitrag seiner Ausbildungsserie.

Eine Meisterin denkt darüber nach, die dreijährige Ausbildung ihres zukünftigen Lehrlings auf zweieinhalb Jahre zu verkürzen. Ihre Recherchen im Internet haben ergeben, dass die Lehrzeit durch eine vorherige Schulbildung verkürzt werden kann. Um ganz sicher zu gehen, ruft sie noch einmal bei ihrem Ausbildungsberater an. Ihr Lehrling hat einen Realschulabschluss, er möchte die Ausbildung um ein halbes Jahr verkürzen. Sie bekommt eine umfassende Antwort. Die darin enthaltenen Empfehlungen stammen vom Hauptausschuss im Bundesinstitut für Berufsbildung:
Ausbildungszeit kann auf Antrag verkürzt werden
Auf gemeinsamen Antrag von Meisterin und Bewerber hat die zuständige Stelle die Ausbildungszeit zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird. Die Kürzung der Ausbildungszeit soll möglichst bei Vertragsschluss, spätestens jedoch beantragt werden, dass noch mindestens ein Jahr Ausbildungszeit verbleibt. Der Antrag muss gemeinsam von beiden Vertragsparteien schriftlich gestellt werden. Bei Minderjährigen ist die entsprechende Zustimmung der gesetzlichen Vertreter erforderlich. Die Antragstellenden müssen glaubhaft machen, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht werden kann. Das geschieht zum Beispiel durch Vorlage von Schul- und Prüfungszeugnissen, Leistungsbeurteilungen, Berufsausbildungsverträgen und betrieblichen Ausbildungsplänen.
Um so viele Monate darf die Ausbildungszeit verkürzt werden
Es gibt verschieden Gründe, die zu einer Verkürzung führen können:
- Bei einem Abschluss der Fachoberschulreife oder einem gleichwertigen Abschluss können es bis zu sechs Monate sein.
- Beim Nachweis der Fachhochschulreife, der allgemeinen Hochschulreife oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung sind bis zu zwölf Monate Verkürzung möglich.
- Im Einzelfall kann die Ausbildungszeit auch wegen eines Lebensalters von mehr als 21 Jahren um bis zu zwölf Monate verkürzt werden.
- Darüber hinaus kann bei Nachweis einer einschlägigen beruflichen Grundbildung oder einschlägigen Berufstätigkeit oder Arbeitserfahrung im Berufsfeld diese angemessen berücksichtigt werden. Bei Fortsetzung der Berufsausbildung in demselben Beruf kann die zurückgelegte Ausbildungszeit ganz oder teilweise für eine Kürzung berücksichtigt werden. Soweit festgestellt wird, dass nach Abschluss des ersten Ausbildungsjahres bei einem Berufswechsel die Grundausbildung des Erstberufes im Wesentlichen identisch ist mit der Grundausbildung des neuen Ausbildungsberufes, kann diese in vollem Umfang berücksichtigt werden.
Die Kürzung der Ausbildungszeit während der laufenden Berufsausbildung ist möglich, wenn das Ausbildungsziel in der verkürzten Zeit erreicht werden kann und die Ausbildungsinhalte vermittelt werden können. Wird der Antrag erst im Laufe der letzten zwölf Monate der Ausbildungszeit gestellt, so soll dieser vorrangig als Antrag auf vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung behandelt werden.
Mehrere Verkürzungsgründe können nebeneinander berücksichtigt werden. Eine vorzeitige Zulassung zur Prüfung ist auch bei verkürzter Ausbildungsdauer möglich, wenn dadurch die Mindestausbildungsdauer nicht unterschritten wird.
Ausbildungszeit kann auch täglich oder wöchentlich reduziert werden
Bei berechtigtem Interesse ist auf gemeinsamen Antrag von den Auszubildenden und Ausbildenden die Ausbildungszeit auch in Form einer täglichen oder wöchentlichen Reduzierung der Arbeitszeit zu kürzen. Ein berechtigtes Interesse ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Auszubildende ein eigenes Kind oder einen pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen hat oder vergleichbar schwerwiegende Gründe vorliegen. Das berechtigte Interesse ist durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen.
Da gesetzlich für die Abkürzung der Ausbildungszeit keine anteilige Untergrenze festlegt wurde, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die Lehrlinge auch bei einer täglichen oder wöchentlichen Reduzierung der betrieblichen Ausbildungszeiten noch wirklichkeitsnah mit den wesentlichen Betriebsabläufen vertraut gemacht werden können und in dem für die Ausbildung erforderlichen Maß in die betriebliche Praxis eingebunden werden können. Als Richtschnur soll eine wöchentliche Mindestausbildungszeit von 25 Stunden nicht unterschritten werden. Die Teilzeitberufsausbildung führt grundsätzlich nicht zu einer Verlängerung der kalendarischen Gesamtausbildungsdauer. Im Einzelfall kann eine verkürzte tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit aber mit einer Verlängerung der kalendarischen Ausbildungsdauer verbunden werden, wenn die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Die Entscheidung über die Verlängerung kann bei noch unsicherer Prognose oder bei veränderten Rahmenbedingungen auch später getroffen werden.
Die Ausbildungsvertragsdauer soll in der Regel Mindestzeiten, insbesondere beim Zusammentreffen mehrerer Verkürzungsgründe oder bei vorzeitiger Zulassung, nicht unterschreiten. Bei einer Regelausbildungszeit von dreieinhalb Jahren beträgt die Mindestzeit der Ausbildung 24 Monate. Bei einer dreijährigen Ausbildung sind es 18 Monate und bei einer zweijährigen zwölf Monate.
Ihr Ausbildungsberater Peter Braune
Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.